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geschützt waren, oder eine grössere Zahl von Männchen, weil sie heller gefärbt waren und dadurch Genossinnen fanden.

Um die häufige Ueberlieferung von Characteren auf ein Geschlecht allein zu erklären, drückt Mr. Wallace seine Ansicht dahin aus, dass die gewöhnlichere Form der gleichmässigen Vererbung auf beide Geschlechter durch natürliche Zuchtwahl in eine Vererbung auf ein Geschlecht allein verändert werden kann; ich kann aber keine diese Ansicht begünstigenden Belege finden. Wir wissen nach dem, was im Zustande der Domestication eintritt, dass neue Charactere oft erscheinen, welche von Anfang an auf ein Geschlecht allein überliefert werden; und es würde nicht im Geringsten schwierig sein, durch Zuchtwahl derartiger Abänderungen helle Farben nur den Männchen zu geben und gleichzeitig oder später nur den Weibchen dunklere Farben. Es ist wohl wahrscheinlich, dass auf diese Weise die Weibchen einiger Tag- und Nachtschmetterlinge zum Zwecke des Schutzes unscheinbar und von ihren Männchen sehr verschieden geworden sind.

Ohne entscheidende Beweise möchte ich indessen nicht annehmen, dass bei einer grossen Anzahl von Species zwei complicirte Processe von Zuchtwahl, von denen ein jeder die Ueberlieferung neuer Charactere auf ein Geschlecht allein erfordert, in Thätigkeit getreten sind, – wobei nämlich die Männchen durch das Besiegen ihrer Nebenbuhler glänzender und die Weibchen dadurch, dass sie ihren Feinden entgiengen, trübe gefärbt worden wären. Das Männchen des gewöhnlichen Citronenvogels (Gonepteryx) ist von einem bei weitem intensiveren Gelb als das Weibchen, obschon das letztere fast gleichmässig auffallend ist; und in diesem Falle scheint es nicht wahrscheinlich zu sein, dass letzteres seine blassere Färbung als ein Schutzmittel erlangt habe, trotzdem es wahrscheinlich ist, dass das Männchen seine helleren Farben als ein Mittel zur geschlechtlichen Anziehung erlangte. Das Weibchen von Anthocharis cardamines besitzt nicht die schönen orangenen Spitzen an seinen Flügeln, mit welchen das Männchen verziert ist. In Folge dessen ist es den in unsern Gärten so gemeinen weissen Schmetterlingen (Pieris) sehr ähnlich; wir haben aber keinen Beweis, dass diese Aehnlichkeit für die Art eine Wohlthat ist. Im Gegentheil, da dieses Weibchen beiden Geschlechtern mehrerer Species der nämlichen Gattung ähnlich ist, welche verschiedene Theile der Erde bewohnen, so ist es wahrscheinlich, dass es einfach in einem hohen Grade seine ursprünglichen Farben behalten hat.


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/435&oldid=- (Version vom 31.7.2018)