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obere, oder auch nur mit gleichem Glanze. Einige Ausnahmen von dieser Regel, entweder wirkliche oder scheinbare, müssen angeführt werden, so die Hypopyra.[1] Mr. R. Trimen theilt mir mit, dass in Guenée’s grossem Werke drei Motten abgebildet sind, bei denen die untere Fläche weitaus die brillanteste ist. So ist z. B. bei der australischen Gastrophora die obere Fläche der Vorderflügel blass gräulichockergelb, während die untere Fläche prachtvoll mit einem Augenflecke von Kobaltblau verziert ist, welcher in der Mitte eines schwarzen, von Orangegelb und nach aussen von Bläulichweiss geränderten Fleckes sich befindet. Aber die Lebensweise dieser drei Schmetterlinge ist unbekannt, so dass für diese ungewöhnliche Art der Färbung keine Erklärung gegeben werden kann. Auch theilt mir Mr. Trimen mit, dass die untere Fläche der Flügel gewisser anderer Geometrae[2] und viertheiliger Noctuae entweder bunter oder glänzender gefärbt ist als die obere Fläche; aber einige dieser Species haben die Gewohnheit, „ihre Flügel vollständig aufrecht über ihren Rücken zu halten und in dieser Stellung eine beträchtliche Zeit zu bleiben“, wobei sie die untere Fläche dem Blicke aussetzen. Andere Species haben, wenn sie sich auf den Boden oder auf Pflanzen niederlassen, die Gewohnheit, ihre Flügel dann und wann plötzlich leicht zu erheben. Es ist daher die Thatsache, dass die untere Fläche der Flügel bei manchen Motten glänzender gefärbt ist als die obere, kein so anomaler Umstand, als es auf den ersten Blick erscheint. Die Saturniiden enthalten einige der schönsten unter allen Nachtschmetterlingen, ihre Flügel sind wie beim kleinen Nachtpfauenauge mit schönen Augenflecken verziert, und Mr. T. W. Wood[3] macht die Bemerkung, dass sie in manchen ihrer Bewegungen Tagschmetterlingen gleichen, „z. B. in dem sanften Auf- und Abschwingen ihrer Flügel, als wenn es auf eine Entfaltung ihrer Schönheit ankäme, welches für die Tagschmetterlinge characteristischer ist als für Nachtschmetterlinge“.

Es ist eine eigenthümliche Thatsache, dass bei keinem britischen Nachtschmetterling, und kaum bei irgendwelchen ausländischen Arten, soweit ich es wenigstens nachweisen kann, sobald sie brillant gefärbt


  1. s. Wormald über diese Thiere, in: Proceed. Entomolog. Soc, 2. March, 1868.
  2. s. auch eine Beschreibung der südamericanischen Gattung Erateina (einer der Geometern) in: Transact. Entomolog. Soc. New Series, Vol. V, pl. XV und XVI.
  3. Proceed. Entomolog. Soc. of London, July 6, 1868, p. XXVII.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/426&oldid=- (Version vom 31.7.2018)