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auf dem Propygidium gelegen und der Angabe desselben Entomologen zufolge bei einigen andern Dynastinen an der unteren Fläche der Flügeldecken. Endlich gibt Westring an, dass bei Omaloplia brunnea das Reibzeug an dem Prosternum, der Reiber an dem Metasternum gelegen sei. Hier nehmen also diese Theile die untere Fläche des Körpers ein, statt wie bei den Longicorniern auf der oberen Fläche gelegen zu sein.

Wir sehen hieraus, dass die Stridulationsorgane in den verschiedenen Familien der Coleoptern der Lage nach wunderbar verschiedenartig sind, aber nicht so bedeutend der Structur nach. Innerhalb einer und derselben Familie sind einige Species mit diesen Organen versehen und einigen fehlen dieselben vollständig. Diese Verschiedenartigkeit wird verständlich, wenn wir annehmen, dass ursprünglich verschiedene Species ein reibendes oder zischendes Geräusch durch das Aufeinanderreiben der harten und rauhen Theile ihrer Körper, die zufällig mit einander in Berührung waren, hervorbrachten, und dass in Folge des Umstandes, dass der hierdurch hervorgebrachte Laut in irgendwelcher Weise nützlich war, die rauhen Stellen allmählich in regelmässige Stridulationsorgane entwickelt wurden. Einige Käfer bringen, wenn sie sich bewegen, entweder absichtlich oder unabsichtlich jetzt ein reibendes Geräusch hervor, ohne irgend besondere Organe zu diesem Zwecke zu besitzen. Mr. Wallace theilt mir mit, dass der Euchirus longimanus (ein Lamellicornier, dessen Vorderbeine beim Männchen wunderbar verlängert sind) „während er sich bewegt, ein leises, zischendes Geräusch durch das Vorstrecken und das Nachziehen des Abdomen hervorbringt, und wenn er ergriffen wird, bringt er ein kratzendes Geräusch hervor dadurch, dass er seine Hinterbeine gegen die Kanten der Flügeldecken reibt“. Das zischende Geräusch wird ganz offenbar hervorgebracht durch ein schmales, feilenartiges Reibzeug, welches dem Nahtrande jeder Flügeldecke entlang läuft; und ich konnte in gleicher Weise das kratzende Geräusch hervorbringen, als ich die chagrinirte Oberfläche des Oberschenkels gegen den granulirten Rand der entsprechenden Flügeldecke rieb. Ich konnte aber hier kein eigentlich feilenartiges Reibzeug entdecken, auch ist es nicht wahrscheinlich, dass ich dasselbe bei einem Insect von dieser Grösse übersehen haben sollte. Nach den Untersuchungen von Cychrus und nach dem, was Westring in seinen zwei Abhandlungen über diesen Käfer geschrieben bat, scheint


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/410&oldid=- (Version vom 31.7.2018)