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schwingen sehen, und beim todten Insect wird der richtige Ton gehört, wenn der etwas eingetrocknete und hart gewordene Muskel mit einer Stecknadelspitze angezogen wird. Beim Weibchen ist der ganze complicirte Stimmapparat vorhanden, aber viel weniger als bei dem Männchen entwickelt und wird niemals zum Hervorbringen von Lauten benutzt.

In Bezug auf den Zweck dieser Musik sagt Dr. Hartman,[1] wo er von der Cicada septemdecim der Vereinigten Staaten spricht: „Das „Trommeln ist jetzt (6. und 7. Juni 1851) in allen Richtungen zu hören. Ich glaube, dass dies die hochzeitliche Aufforderung seitens der Männchen ist. In dichtem Kastaniengebüsch ungefähr von Kopfhöhe stehend, wo Hunderte von Männchen um mich herum waren, beobachtete ich, dass die Weibchen sich um die trommelnden Männchen versammelten“. Er fügt dann hinzu: „In diesem Jahre (August 1868) brachte ein Zwergbirnbaum in meinem Garten ungefähr fünfzig Larven von Cicada pruinosa hervor, und ich beobachtete mehrere Male, dass die Weibchen sich in der Nähe eines Männchens niederliessen, während es seine schallenden Töne ausstiess“. Fritz Müller schreibt mir aus Südbrasilien, dass er oft einem musikalischen Streite zwischen zwei oder drei Männchen einer Cicade zugehört habe, welche eine besonders laute Stimme hatten und in einer beträchtlichen Entfernung von einander sassen. Sobald das erste seinen Gesang beendigt hatte, begann unmittelbar darauf ein zweites, dann ein anderes. Da hiernach so viele Rivalität zwischen den Männchen existirt, so ist es wahrscheinlich, dass die Weibchen sie nicht bloss an den von ihnen ausgestossenen Lauten erkennen, sondern dass sie, wie weibliche Vögel, von dem Männchen mit der anziehendsten Stimme angelockt oder angeregt werden.

Von ornamentalen Verschiedenheiten zwischen den beiden Geschlechtern bei den Homoptern habe ich keinen gut markirten Fall gefunden. Mr. Douglas theilt mir mit, dass es drei britische Arten gibt, bei denen das Männchen schwarz oder mit schwarzen Binden gezeichnet ist, während die Weibchen blass gefärbt oder düsterfarbig sind.


  1. Für diesen Auszug aus einem „Journal of the Doings of Cicada septemdecim“ von Dr. Hartman bin ich Mr. Walsh verbunden.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/384&oldid=- (Version vom 31.7.2018)