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des Verlaufs mehrerer Jahre zusammengetragen sind, so können wir mit vielem Vertrauen schliessen, dass bei dem domesticirten Pferde oder mindestens beim Rennpferde die beiden Geschlechter in fast gleicher Anzahl producirt werden. Die Schwankungen in den Verhältnisszahlen während der aufeinanderfolgenden Jahre sind denjenigen sehr gleich, welche beim Menschen vorkommen, wenn ein kleiner und dünn bevölkerter Bezirk in Betracht gezogen wird; so verhielten sich im Jahre 1856 die männlichen Pferde wie 107,1, und im Jahre 1867 nur wie 92,6 zu 100 weiblichen. In den tabellarisch geordneten Erhebungen variirt das Verhältniss periodisch, denn die Männchen überwogen die Weibchen während sechs aufeinanderfolgender Jahre; und die Weibchen überwogen die Männchen während zweier Perioden, jede von vier Jahren; dies kann indessen wohl zufällig sein; wenigstens kann ich nichts der Art beim Menschen in der zehnjährigen Tabelle aus dem Registrar’s Report für 1866 entdecken.

Hunde. – Während eines Zeitraums von zwölf Jahren, von 1857 bis 1868, sind die Geburten einer grossen Anzahl von Windspielen aus ganz England in das Journal »The Field« eingeschickt worden; und ich bin wiederum Herrn Tegetmeier dafür verbunden, dass er mir die Resultate sorgfältig in Tabellen gebracht hat. Die verzeichneten Geburten betrugen im Ganzen 6878, von denen 3605 männliche und 3273 weibliche waren; sie standen also zu einander im Verhältniss von 110,1 männlichen zu 100 weiblichen Geburten. Die grössten Schwankungen kamen vor im Jahre 1864, wo sich die Zahlen wie 95,3 männlich, und im Jahre 1867, wo sie sich wie 116,3 männliche zu 100 weiblichen verhielten. Das oben angegebene mittlere Verhältniss von 110,1 zu 100 ist für den Windhund wahrscheinlich nahezu correct; ob es aber auch für andere domesticirte Rassen gelten dürfte, ist in ziemlichem Grade zweifelhaft. Mr. Cupples hat sich bei mehreren grossen Hundezüchtern erkundigt und dabei erfahren, dass alle ohne Ausnahme der Ansicht sind, dass die Weibchen in der Mehrzahl geboren werden; er vermuthet, diese Annahme könne wohl dadurch entstanden sein, dass die Weibchen weniger hoch geschätzt werden, und die damit zusammenhängende Enttäuschung mache auf das Gemüth einen stärkeren Eindruck.

Schaf. – Das Geschlecht der Schafe wird von den Landwirthen erst mehrere Monate nach der Geburt ermittelt, zu der Zeit, wenn die Männchen castrirt werden, so dass die folgenden Erhebungen nicht die Verhältnisszahlen zur Zeit der Geburt geben. Ueberdies finde ich, dass mehrere grosse Schafzüchter in Schottland, welche jährlich einige tausend Schafe erziehen, fest überzeugt sind, dass während des ersten oder der zwei ersten Jahre eine grössere Zahl von Männchen als von Weibchen stirbt; es würde hiernach zur Zeit der Geburt das Verhältniss der Männchen etwas grösser sein als zur Zeit der Castration. Dies ist ein merkwürdiges Zusammentreffen mit dem, was, wie wir gesehen haben, beim Menschen eintritt; und wahrscheinlich hängen beide Fälle von einer gemeinsamen Ursache ab. Ich habe von vier Herren in England, welche während der letzten zehn bis sechszehn Jahre Niederungsrassen, hauptsächlich Leicesterschafe, gezüchtet haben, Zahlenangaben erhalten; die Zahl der Geburten beträgt im Ganzen 8965; davon sind 4407 männliche


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/337&oldid=- (Version vom 31.7.2018)