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Sproat, welcher die Frage des Aussterbens in Vancouvers-Island eingehend untersuchte, glaubt, dass veränderte Lebensgewohnheiten, welche stets Folge der Ankunft von Europäern sind, eine Störung der Gesundheit herbeiführen. Er legt auch auf eine so unbedeutende Ursache grosses Gewicht, wie die ist, dass die Eingeborenen durch das neue Leben um sich herum „verdutzt und dumm werden. Sie verlieren den Trieb zu eigener Anstrengung und erhalten keine neuen Reize an dessen Stelle“.[1]

Der Grad ihrer Civilisation scheint ein höchst bedeutungsvolles Element bei dem Erfolge der in Concurrenz kommenden Nationen zu sein. Noch vor wenigen Jahrhunderten fürchtete Europa das Eindringen östlicher Barbaren; jetzt würde irgend eine solche Furcht lächerlich sein. Es ist, wie Mr. Bagehot bemerkt hat, eine noch merkwürdigere Thatsache, dass in früheren Zeiten die Wilden nicht vor den classischen Nationen verschwanden, wie sie es jetzt vor den modernen civilisirten Nationen thun. Wäre dies der Fall gewesen, so würden die alten Moralisten sicher über dieses Ereigniss ihre Bemerkungen gemacht haben, aber es findet sich in keinem Schriftsteller jener Periode über die untergehenden Barbaren irgend eine Klage.[2] Die wirksamste von allen Ursachen des Aussterbens scheint in vielen Fällen verminderte Fruchtbarkeit und Krankheit besonders unter den Kindern zu sein; beides ist Folge der Aenderung der Lebensbedingungen, trotzdem die neuen Bedingungen an sich nicht schädlich zu sein brauchen. Ich bin Mr. H. Howorth sehr verbunden, dass er meine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand gelenkt und mir darauf bezügliche Mittheilungen gemacht hat. Ich habe die folgenden Fälle gesammelt.

Als Tasmanien zuerst colonisirt wurde, wurde die Zahl der Eingebornen nach einer ungefähren Schätzung von einigen zu 7000, von andern zu 20000 veranschlagt. Bald war dieselbe bedeutend reducirt, und zwar hauptsächlich in Folge ihrer Kämpfe mit den Engländern und unter einander. Als nach der berüchtigten, von allen Colonisten unternommenen Jagd die übrig bleibenden Eingebornen sich der Regierung überlieferten, bestanden sie nur noch aus 120 Individuen,[3] welche


  1. Sproat, Scenes and Studies of Savage Life 1868, p. 284.
  2. Bagehot, Physics and Politics in: Fortnightly Review. Apr. 1, 1868, p. 455.
  3. Alle die hier gemachten Angaben sind genommen aus: J. Bonwick, The Last of the Tasmanians. 1870.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/254&oldid=- (Version vom 31.7.2018)