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bei ihrer ersten Kreuzung oder bei ihren Nachkommen wird allgemein als eine entscheidende Probe für ihre specifische Verschiedenheit angesehen; auch wird ihr beständiges Getrenntbleiben innerhalb eines und desselben Bezirks ohne Verschmelzung gewöhnlich als hinreichender Beweis angesehen entweder für einen gewissen Grad gegenseitiger Unfruchtbarkeit oder, was die Thiere betrifft, eines gewissen Widerwillens gegen wechselseitige Paarung.

Unabhängig von einer Verschmelzung in Folge einer Kreuzung ist der vollständige Mangel von Varietäten, welche irgend zwei nahe verwandte Formen in einer sonst gut untersuchten Gegend mit einander verbinden, wahrscheinlich das bedeutungsvollste von allen Kennzeichen für ihre specifische Verschiedenheit. Und hier liegt ein von der Berücksichtigung der blossen Constanz des Characters etwas verschiedener Gedanke zu Grunde; denn zwei Formen können äusserst variabel sein und doch keine Zwischenvarietäten erzeugen. Geographische Verbreitung wird oft unbewusst und zuweilen bewusst als Zeugniss mit herangezogen, so dass Formen, welche in zwei weit von einander getrennten Bezirken leben, innerhalb deren die meisten andern Bewohner specifisch verschieden sind, gewöhnlich auch selbst als verschieden betrachtet werden; doch bietet dieser Umstand in Wahrheit keine Hülfe zur Unterscheidung geographischer Rassen von sogenannten guten oder echten Species dar.

Wir wollen nun diese allgemein angenommenen Grundsätze auf die Rassen des Menschen anwenden und ihn in demselben Sinne betrachten, in welchem ein Naturforscher irgend ein anderes Thier ansehen würde. Was den Betrag an Verschiedenheit zwischen den Rassen betrifft, so müssen wir unserem feinen Unterscheidungsvermögen etwas zu gute rechnen, welches wir durch die lange Uebung der Selbstbeobachtung gewonnen haben. Obschon, wie Elphinstone bemerkt, ein neu in Indien angekommener Europäer zuerst die verschiedenen eingeborenen Rassen nicht unterscheiden kann, so erscheinen sie ihm doch bald äusserst unähnlich;[1] und ebenso kann der Hindu zuerst keine Verschiedenheit zwischen den verschiedenen europäischen Eingeborenen wahrnehmen. Selbst die verschiedensten Menschenrassen sind einander der Form nach viel ähnlicher, als zuerst angenommen werden würde; gewisse Negerstämme müssen ausgenommen werden, während andere,


  1. History of India. 1841. Vol. I. p. 323. Der Pater Ripa macht genau dieselbe Bemerkung in Bezug auf die Chinesen.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/230&oldid=- (Version vom 31.7.2018)