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in einem viel höheren Grade durch ihre Werke, als durch das Hinterlassen einer zahlreichen Nachkommenschaft. Was die körperliche Structur betrifft, so ist es die Auswahl der unbedeutend besser begabten und die Beseitigung der ebenso unbedeutend weniger gut begabten Individuen und nicht die Erhaltung scharf markirter und seltener Anomalien, welche zur Verbesserung einer Species führt.[1] Dasselbe wird auch für die intellectuellen Fähigkeiten der Fall sein. Es werden nämlich auch hier die in irgend etwas fähigeren Menschen auf jeder Stufe der Gesellschaft bessere Erfolge erzielen als die weniger fähigen und, wenn sie nicht auf andere Weise daran gehindert werden, in Folge dessen stärker an Zahl zunehmen. Hat sich in irgend einer Nation die Höhe des Intellects und die Anzahl intellectueller Leute vermehrt, so können wir nach dem Gesetze der Abweichung vom Mittel, wie Mr. Galton gezeigt hat, erwarten, dass Wunder des Genies etwas häufiger als früher erscheinen werden.

In Bezug auf die moralischen Eigenschaften ist eine gewisse Beseitigung der schlechtesten Dispositionen stets in Thätigkeit, selbst bei den civilisirtesten Nationen. Uebelthäter werden hingerichtet oder auf lange Zeit gefangen gesetzt, so dass sie ihre schlechten Eigenschaften nicht in grösserer Menge fortpflanzen können. Melancholische und geisteskranke Personen werden in Gewahrsam gehalten oder begehen Selbstmord. Heftige und streitsüchtige Leute finden oft ein blutiges Ende. Ruhelose Leute, welche keine stetige Beschäftigung ergreifen wollen – und dies Ueberbleibsel der Barbarei ist ein grosses Hemmniss für die Civilisation[2] – wandern nach neugegründeten Staaten aus, wo sie sich als nützliche Pioniere erweisen. Unmässigkeit ist in so hohem Grade zerstörend, dass die wahrscheinliche Lebensdauer der Unmässigen z. B. im Alter von dreissig, nur 13,8 Jahre beträgt, während sie für die Arbeiter auf dem Lande von demselben Alter in England 40,59 beträgt.[3] Lüderliche Frauen haben wenig Kinder und lüderliche Männer heirathen selten; Beide leiden durch die Entwickelung constitutioneller Krankheiten. Bei der Zucht von domesticirten Thieren


  1. Entstehung der Arten. 5. Aufl. S. 104.
  2. Hereditary Genius. 1870, p. 347.
  3. E. Ray Lankester, Comparative Longevity. 1870, p. 115. Die Tabelle der Unmässigkeit ist aus Neison’s Vital Statistics. In Bezug auf Ausschweifungen s. Dr. Farr, Influence of Marriage on Mortality: Nat. Assoc. for the Promotion of Social Science. 1858.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/192&oldid=- (Version vom 31.7.2018)