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Menschheit hat niemals auch nur eine Spur eines Wunsches gezeigt, dass seine bürgerlichen Institutionen verbessert werden sollten“. Fortschritt scheint von vielen zusammenwirkenden günstigen Bedingungen abzuhängen, die viel zu complicirt sind, um hier einzeln verfolgt zu werden. Es ist aber oft bemerkt worden, dass ein kühles Clima, weil es zur Industrie und den verschiedenen Kunstfertigkeiten führt, zu jenem Zwecke äusserst günstig gewesen ist. Die Eskimos haben, von starrer Nothwendigkeit bedrückt, viele ingeniöse Erfindungen gemacht, aber ihr Clima ist zu rauh gewesen, um einen beständigen Fortschritt zu gestatten. Nomadisches Leben, mag es auf weiten Ebenen oder in den dichten Wäldern der Tropenländer oder den Seeküsten entlang geführt worden sein, ist in allen Fällen äusserst nachtheilig gewesen. Bei Beobachtung der barbarischen Einwohner des Feuerlandes drängte sich mir die Ueberzeugung auf, dass der Besitz irgendwelchen Eigentums, ein fester Wohnsitz und die Verbindung vieler Familien unter einem Häuptlinge die unentbehrlichen Requisiten zur Civilisation sind. Derartige Gebräuche fordern fast mit Nothwendigkeit die Cultur des Bodens; und die ersten Fortschritte im Landbau sind wahrscheinlich, wie ich an einem andern Ort gezeigt habe,[1] das Resultat irgend eines Zufalls gewesen, wie beispielsweise, wenn die Samenkörner eines Fruchtbaums auf einen Abraumhaufen fallen und eine ungewöhnlich schöne Varietät hervorbringen. Indessen ist das Problem des ersten Fortschritts der Wilden, nach ihrer Civilisation hin, vorläufig viel zu schwer, um gelöst zu werden.

Natürliche Zuchtwahl in ihrem Einfluss auf civilisirte Nationen. – Ich habe bis jetzt den Fortschritt des Menschen von einem früheren halbmenschlichen Zustand zu dem der jetzt lebenden Wilden betrachtet. Es dürfte aber doch der Mühe werth sein, einige Bemerkungen über die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl auf civilisirte Nationen hier noch hinzuzufügen. Es ist dieser Gegenstand von Mr. W. R. Greg[2] recht gut erörtert worden, wie früher schon


  1. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 1. S. 342. 343.
  2. Fraser’s Magazine. Sept. 1868, p. 353. Es scheint dieser Aufsatz viele Personen sehr frappirt zu haben; auch hat er zwei merkwürdige Abhandlungen hervorgerufen, ebenso eine Entgegnung in The Spectator, 3. Oct. und 17. Oct. 1868. Ebenso hat er Erörterungen veranlasst im Quart. Journal of Science, 1869, p. 152, dann von Mr. Lawson Tait in: The Dublin Quart. Journ. of Medical Science, Febr. 1869. und von E. Ray Lankester in seiner: Comparative Longevity. 1870, p. 128. Aehnliche Ansichten wurden früher schon geäussert in „Australasian“ 13. Juli, 1867. Von mehreren dieser Schriftsteller habe ich Ideen entlehnt.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/187&oldid=- (Version vom 31.7.2018)