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Antwort ohne Zögern gegeben werden, die unsrer Beantwortungsweise genau entgegengesetzt ist“.[1] Den neuerdings von einigen Schriftstellern betonten Glauben, dass das Verabscheuen des Incestes Folge davon ist, dass wir ein specielles von Gott eingepflanztes Gewissen besitzen, dürften wir daher verwerfen. Im Ganzen ist es wohl verständlich, wie ein von einem so mächtigen Gefühle wie Gewissensbissen angetriebener Mensch (auch wenn dasselbe so entstanden ist, wie es oben erklärt wurde) dazu gebracht werden kann, in einer Art und Weise zu handeln, von welcher ihm zu glauben gelehrt worden ist, dass sie als Vergeltung dient, z.B. wenn er sich selbst der Gerechtigkeit überliefert.

Von seinem Gewissen beeinflusst wird der Mensch durch lange Gewohnheit eine so vollkommene Selbstbeherrschung erlangen, dass seine Begierden und Leidenschaften zuletzt augenblicklich und ohne Kampf seinen socialen Sympathien und Instincten, mit Einschluss seines Gefühls für das Urtheil seiner Mitmenschen, nachgeben. Der noch immer hungrige oder noch immer rachsüchtige Mensch wird nicht daran denken, Nahrung zu stehlen oder seine Rache auszuführen. Es ist möglich, oder wie wir später sehen werden, selbst wahrscheinlich, dass die Gewohnheit der Selbstbeherrschung wie andre Gewohnheiten vererbt wird. So kommt selbst der Mensch dazu, in Folge erlangter und vielleicht ererbter Gewohnheit zu fühlen, dass es das Beste für ihn ist, seinen dauernderen Impulsen zu folgen. Das gebieterische Wort „soll“ scheint nur das Bewusstsein von der Existenz einer Regel des Betragens zu enthalten, wie immer diese auch entstanden sein mag. Früher muss das Drängen, dass ein beleidigter Herr ein Duell auskämpfen solle, oft heftig gewesen sein. Wir sagen selbst, dass ein Vorstehehund stellen soll und ein Apportirhund apportiren. Thun sie es nicht, so erfüllen sie ihre Pflicht nicht und handeln unrecht.

Wenn irgend eine Begierde oder ein Instinct, welcher zu einer dem Besten Anderer entgegenstehenden Handlung führt, einem Menschen, wenn dieser sich ihn vor die Seele ruft, noch immer als eben so stark oder noch stärker als sein socialer Instinct erscheint, so wird er kein heftiges Bedauern fühlen, ihm gefolgt zu sein; er wird sich aber dessen bewusst sein, dass, wenn sein Betragen seinen Mitmenschen bekannt würde, er von ihnen Misbilligung erfahren würde, und nur Wenige sind so völlig der Sympathie bar, um nicht Misbehagen zu empfinden,


  1. E. B. Tylor. in: Contemporary Review, April, 1873, p. 707.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/163&oldid=- (Version vom 31.7.2018)