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würde, welchem Impuls zu folgen wäre; es würde daher Befriedigung und Unbefriedigtsein gefühlt werden, da vergangene Eindrücke während ihres beständigen Zuges durch die Seele mit einander verglichen werden würden. In diesem Falle würde ein innerer Warner dem Thiere sagen, dass es besser gewesen wäre, eher dem einen Impuls als dem anderen zu folgen. Dem einen Zug hätte gefolgt werden „sollen“, der eine würde „recht“ der andere „unrecht“ gewesen sein. Aber auf diese Ausdrücke werde ich sogleich zurückzukommen haben.

Neigung zur Geselligkeit, Sociabilität. — Thiere vieler Arten sind gesellig; wir finden selbst, dass verschiedene Species zusammenleben, so einige americanische Affen und die sich vereinigenden Schaaren von Raben, Dohlen und Staaren. Der Mensch zeigt dasselbe Gefühl in der starken Liebe zum Hunde, welche der Hund mit Interesse erwidert. Jedermann muss beobachtet haben, wie unglücklich sich Pferde, Hunde, Schafe u. s. w. fühlen, wenn sie von ihren Genossen getrennt sind, und welche Freude sie, wenigstens die erstgenannten Arten, bei ihrer Wiedervereinigung zeigen. Es ist interessant, über die Gefühle eines Hundes zu speculiren, welcher stundenlang in einem Zimmer mit seinem Herrn oder irgend Einem der Familie ruhig daliegt, ohne dass von ihm die geringste Notiz genommen wird; sobald er aber eine kurze Zeit allein gelassen wird, bellt oder heult er schrecklich. Wir wollen unsere Aufmerksamkeit auf die höheren socialen Thiere beschränken mit Ausschluss der Insecten, obgleich diese einander in vielen wichtigen Beziehungen helfen. Der gewöhnlichste Dienst, welchen sich höhere Thiere gegenseitig erweisen, ist, dass sie durch Hülfe der vereinigten Sinne Aller einander vor Gefahr warnen. Jeder Jäger weiss, wie Dr. Jäger bemerkt,[1] wie schwer es ist, Thieren in Heerden, oder Truppen nahe zu kommen. Wilde Pferde und Kinder geben, wie ich glaube, kein Warnungssignal, aber schon die Haltung eines Jeden, welches zuerst einen Feind wittert, warnt die Uebrigen. Kaninchen stampfen laut mit den Hinterfüssen auf den Boden als Signal; Schafe und Gemsen thun dasselbe, aber mit den Vorderfüssen, und stossen auch einen pfeifenden Ton aus. Viele Vögel und manche Säugethiere stellen Wachen aus, welches bei den Robben, wie man sagt,[2] gewöhnlich die


  1. Die Darwin'sche Theorie, p. 101.
  2. R. Browne in: Proceed. Zoolog. Soc. 1868, p. 409.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/143&oldid=- (Version vom 31.7.2018)