Wir können nur nach den Umständen, unter welchen gewisse Handlungen vollzogen werden, beurtheilen, ob sie Folge eines Instinctes oder eine Verstandesäusserung oder nur Folgen einer blossen Ideenassociation sind: doch ist ja das letztere mit Verstand in engstem Zusammenhang. Einen merkwürdigen Fall hat Prof. Möbius[1] von einem Hechte erzählt, welcher durch eine Glasplatte von dem benachbarten, mit Fischen besetzten Aquarium getrennt war und sich bei den Versuchen, die andern Fische zu fangen, oft mit solcher Heftigkeit gegen das Glas anstiess, dass er zuweilen ganz betäubt war. Drei Monate hindurch that er dies beständig, endlich lernte er aber vorsichtig sein und that es nicht mehr. Nun wurde die Glasplatte entfernt; der Hecht griff aber diese einzelnen Fische nicht an, obschon er andre, die später eingesetzt wurden, verschlang: so stark war die Idee des Stosses in seinem schwachen Verstande mit den Angriffen auf seine früheren Nachbarn associirt. Wenn ein Wilder, welcher niemals eine grosse Fensterscheibe gesehen hat, auch nur ein einziges Mal gegen eine solche angerannt wäre, so würde er für eine geraume Zeit nachher einen Stoss mit einer Fensterscheibe associiren, er würde über die Natur des Hindernisses wahrscheinlich Ueberlegungen anstellen und unter analogen Umständen vorsichtig sein. Wie wir nun gleich sehen werden, genügt es bei Affen zuweilen, dass sie in Folge einer einmal ausgeführten Handlung einen schmerzhaften oder andern unangenehmen Eindruck erhalten, um sie von einer Wiederholung derselben abzuhalten. Wenn wir diesen Unterschied zwischen dem Affen und dem Hechte einfach dem zuschreiben, dass die Ideenassociation bei dem einen um so viel stärker und dauernder ist als bei dem andern, trotzdem dass der Hecht den so viel schwereren Schaden erlitt, können wir wohl in Bezug auf den Menschen behaupten, dass ein ähnlicher Unterschied den Besitz eines fundamental verschiedenen Geistes bedingt?
Houzeau erzählt[2], dass beim Uebergang über eine weite und dürre Ebene in Texas seine Hunde sehr vom Durst litten und dass sie zwischen dreissig und vierzig mal Vertiefungen hinabjagten, um nach Wasser zu suchen. Diese Vertiefungen waren keine Thäler, auch waren weder Bäume darin, noch zeigten sie irgend eine andre Verschiedenheit der Vegetation; da sie absolut trocken waren, konnte auch kein Geruch nach feuchter Erde dagewesen sein. Die Hunde benahmen sich so, als
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/112&oldid=- (Version vom 31.7.2018)