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mit Grund herauszustoßen uns vorgenommen haben, weil sie allerdings Dichter sind, wenn wir die Dichtkunst recht betrachten, welche nichts Anderes ist, als eine rednerische Dichtung in Töne gesetzt. Sie unterscheiden sich jedoch von den großen Dichtern, das heißt, den geregelten[1], weil diese in langer Rede und regelmäßiger Kunst gedichtet haben, jene aber zufällig, wie gesagt ist. Daher kommt es, daß, je näher jenen unser Nachahmung kommt, wir um so richtiger dichten. Daher müssen wir, etwas Gelehrsamkeit auf unser Werk verwendend, ihren poetischen Lehren nacheifern. Vor Allem demnach sagen wir, daß ein Jeder ein gemäßes Gewicht von Stoff auf seine Schultern nehmen müsse, damit nicht etwa die zu sehr beschwerte Kraft der Schultern in den Schmutz niedergezogen werde. Dies ist es, was unser Meister Horatius empfiehlt, wenn er im Anfang der Poetik sagt:

Wählt die Materie wohl, die gleich sei eueren Kräften, Schreibende.

Sodann müssen wir bei den Dingen, welche zu sagen vorkommen, Sonderung anwenden, ob sie tragisch oder komisch oder elegisch zu singen sind. Für die Tragödie nehmen wir die höhere Schreibart an, für die Komödie die niedere; unter Elegie verstehen wir die Schreibart der Unglücklichen. Wenn tragisch etwas zu singen scheint, muß man die erlauchte Volkssprache anwenden und folglich eine Kanzone verfassen. Wenn aber komisch, dann werde bisweilen die mittlere, bisweilen die niedere Volkssprache genommen, und die Sonderung derselben schieben wir auf im vierten Buche dieses Werkes zu zeigen. Wenn aber elegisch, müssen wir blos die niedere nehmen. Aber übergehen wir die andern und behandeln wir jetzt, wie es gemäß ist, blos die tragische Schreibart.


  1. Unter geregelten Dichtern sind die griechischen und lateinischen zu verstehen.
Empfohlene Zitierweise:
Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_136.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)