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Siebentes Kapitel.
Von der Theilung der Rede in mehrere Sprachen.

Jetzt, ach! vergehe ich vor Scham, die Schmach des menschlichen Geschlechtes zu erneuern; aber da ich es nicht umgehen kann, meinen Weg durch sie hindurch zu nehmen (obwol mir die Röthe ins Gesicht steigt und mein Geist zurückbebt), so will ich sie durcheilen. O über unsere zu Fehltritten geneigte und von Anfang und nie ablassende sündige Natur! War es nicht genug gewesen zu deiner Verderbniß, daß du wegen deiner Uebertretung der Wonnen beraubt fern von der Heimat im Bann lebtest? War es nicht genug, wegen der allgemeinen Schwelgerei deiner Familie und ihres Trotzes, mit Ausnahme einer einzigen, welche gerettet wurde, daß Alles, was dein war, in der Sündflut unterging, und die Strafe für das Unheil, das du begingest, die Geschöpfe des Himmels und der Erde schon gebüßt hatten? Wahrlich genug war es gewesen; aber wie es im Sprichwort heißt: Nicht vor der dritten Stunde wirst du reiten; aber du wolltest lieber elend ein elendes Pferd besteigen. Siehe da, Leser, daß der Mensch, entweder uneingedenk oder geringachtend die früheren Lehren und abwendend die Augen von den Striemen, welche zurückgeblieben waren, zum drittenmal sich auflehnte gegen die Geißelhiebe, aus Stolz der Thorheit sich vermessend. Und so vermaß sich in seinem Herzen der heillose Mensch von dem Riesen überredet durch seine Kunst nicht blos die Schöpfung zu übertreffen, sondern auch den Schaffenden, welcher Gott ist, und begann einen Thurm in Sennaar zu erbauen, der nachher Babel genannt worden ist, das heißt, die Verwirrung, durch welchen er den Himmel zu ersteigen hoffte, trachtend in seiner Thorheit seinem Schöpfer nicht

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Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_104.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)