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er dies figürlich sagt, Anderes darunter denkend.[1] Und wenn gesagt wird, daß Spechte und andere Vögel annoch sprechen, so sagen wir, daß dies falsch ist, weil eine solche Aeußerung nicht ein Sprechen ist, sondern eine Art von Nachahmung des Tons unserer Stimme, oder daß sie streben uns nachzuahmen, insofern wir Töne von uns geben, aber nicht insofern wir sprechen. Daher wenn einem deutlich Sprechenden ein Specht dies zurückschallen ließe, so wäre dies nur eine Nachbildnug oder Nachahmung des Tones Dessen, der zuerst gesprochen hätte. Und so leuchtet ein, daß dem Menschen allein das Sprechen gegeben worden sei. Aber warum es ihm nothwendig war, wollen wir kürzlich abzuhandeln versuchen.





Drittes Kapitel.
Daß für den Menschen der Austausch der Rede nothwendig war.

Da nun der Mensch nicht durch den Naturtrieb, sondern durch die Vernunft bewegt wird und die Vernunft selbst theils in dem Unterscheidungsvermögen, theils im Urtheil, theils in der Wahl bei den Einzelnen abweichend ist, sodaß fast jeder sich seiner eigenen Art zu erfreuen scheint, sind wir der Meinung, daß an den eigenen Thätigkeiten oder Zuständen Niemand gleich dem vernunftlosen Thiere den Andern verstehe; noch geschieht es auch, daß gleich dem Engel durch geistige Anschauung Einer in den Andern eingehe, da durch die Grobheit und Dichtigkeit des sterblichen Körpers der menschliche Geist gehalten wird.


  1. Siehe das Gastmahl, dritte Abhandlung, siebentes Kapitel.
Empfohlene Zitierweise:
Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_098.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)