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sondern die überwiegende Mehrzahl unter den niederen Ständen. Wie leicht sie in die Ehe gingen, so schwer ist es für sie wieder herauszukommen, weil sie, dem Gefühle und der Leidenschaft ihr Recht lassend, sich an die Formen der Gesetze stoßen und nicht begreifen, daß diese nicht weichen wollen, wo ist natürliches Recht so sonnenklar — für sie spricht. Die höheren Stände finden den Ausweg; mit Ruhe und Besonnenheit wissen sie sich um jene Formen wegzuschlängeln. Das Gesetz ist alt und starr geworden, es hat sich nicht fortbewegt und entwickelt mit dem vielbeweglichen Leben, und seine Priester müssen im strengen Tempeldienst nur zu oft Diese, die unwürdig sind, durch die Pforte lassen, Jene, denen Erlösung Noth thäte, mit schweren Herzen zurückweisen. Es ist eine Unwahrheit, daß Gesetz und Richter die Ehescheidung erleichtern.“

„Die Geistlichkeit soll hineingezogen werden? Die armen Geistlichen! Um Förderung des religiösen Gefühls? Ihr werdet es so wenig wecken, als durch das Gebot der strengeren Sonntagsfeier. Die zurückgewiesen worden, jetzt schimpfen sie auf die Richter; dann auf die Geistlichen. Wenn Ihr die Achtung vor denen erhalten und erhöhen wollt, so laßt sie hier aus dem Spiele. Die Zeit ist vorüber, wo sie als Richter auftraten; Bann und Interdikt wirken nicht mehr in ihren Händen.“

„Was das Gesetz bezwecken soll, ist schon da, Anhänglichkeit und Treue, gesittete Familienverhältnisse, religiöse Scheu vor dem Bruch derselben.“

„Es wurden im Mittelalter mehr Ehen getrennt (versteht sich, unter hohen Personen, die nach Rom zahlen konnten) um zu nahe Verwandtschaft, (oft so entfernte, daß wir uns scheuten, auf das Verwandtschaftsverhältniß Anspruch zu machen) als unsere Gerichte um gegenseitige Einwilligung scheiden. Und das geschieht noch heut. Exempla sunt odiosa.“