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deren ein Lichtstrahl zum Durchlaufen zweier verschiedener Wege zwischen den gleichen Endpunkten bedarf, von der Bewegung der Erde nicht abhängt, – auch nicht in den „Größen zweiter Ordnung“.

Eine Umformung der Lorentz’schen Theorie, und zugleich eine Discussion anderer ähnlicher Formen der elektrodynamischen Grundgleichungen findet sich bei Walker: Aberration and the electromagnetic field (Cambridge 1900).

Eine große Anzahl möglicher Modificationen der Grundgleichungen hat ferner Heaviside kritisch durchmustert (Electrician, 45, pag. 636 u. 881; 1900). Alle diese Versuche begnügen sich hinsichtlich der optischen Erscheinungen damit, die Aberration und den Fresnel’schen „Mitführungscoefficienten“ theoretisch zu begründen. Sie führen nicht über Lorentz hinaus.

Wie Maxwell und Hertz behandeln wir ein chemisch und physikalisch homogenes Medium als ein Gebilde, welches auch elektromagnetisch in allen Punkten durch die gleichen Werthe einiger Constanten vollständig charakterisirt ist. Ein solches Medium erfüllt jedes Element unseres Raumes; es kann eine bestimmte ponderable Substanz oder auch das Vacuum sein. Daneben noch von einem „Aether“ zu sprechen, werden wir vermeiden. – Wir schließen nach dem gesagten jede mechanische oder elektrische Molekularhypothese ebenso, wie jede mechanische Deutung elektromagnetischer Vorgänge aus, und verzichten damit auf alle Folgerungen, welche nur aus solchen Hypothesen fließen können. Unsere Absicht bei diesem Vorgehen ist, zu untersuchen, wie weit man den Thatsachen der Erfahrung mit einem Mindestmaß theoretischer Annahmen gerecht werden kann. Falls sich herausstellen sollte, daß in dieser Hinsicht die folgende Darstellung gegenüber den älteren einen Fortschritt bedeutet, so wird man vermuthen dürfen, daß auch speciellere Vorstellungen – sei es über den Bau der Körper, sei es über die Eigenschaften des „Aethers“ – zweckmäßig an unsere Gleichungen anknüpfen werden.

§ 1. Die Grundgleichungen.

Die Maxwell’schen Grundgleichungen für ruhende Körper können wir in folgender Form schreiben[1]:


  1. Die Bezeichnungen stimmen überein mit denjenigen in meinem Lehrbuch „Das elektromagnetische Feld“, Leipzig 1900, auf welches ich mir im folgenden gestatten werde, durch „elm. Feld“ hinzuweisen. Die Uebereinstimmung erleidet eine Ausnahme: Die Gleichungen des Lehrbuchs enthalten eine universelle Constante , durch deren Einführung es möglich wird, specialisirend in einfacher [76] Weise zu einem beliebigen der „absoluten“ Maßsysteme überzugehen (s. dort pag. 279 f.). Diese Constante ist hier gleich Eins gesetzt. Es entsteht so das „rationelle“ Maßsystem Heaviside’s, welches die „absoluten“ Systeme nicht mehr als Specialfälle einschließt. Auch nach meiner Ueberzeugung bildet es das einzige „rationelle“ System für die theoretische Physik und zweifellos das System der Zukunft. Gegenüber der Zwangslage, in welche uns geschichtliche Entwicklung und internationale Vereinbarung versetzt haben, mag das allgemeinere Maßsystem des genannten Lehrbuchs einstweilen vermittelnd und vorbereitend wirken.