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meinem Herzen und grif nach meinem Dolch und nahm Gift zu mir, und verkleidete mich. Ihr erstaunt, Buenko, alles in Gedanken, versteht sich.

Sophie. Närrisches Mädgen.

Marie. Meine Einbildungskraft führte mich ihm nach, ich sah ihn, wie er zu den Füssen seiner neuen Geliebten all die Freundlichkeit, all die Demuth verschwendete, mit der er mich vergiftet hat, ich zielte nach dem Herzen des Verräthers! Ach Buenko! – Auf einmal war das gutherzige französische Mädchen wieder da, das keine Liebestränke kennt und keine Dolche zur Rache. Wir sind übel dran! Vaudevilles, unsere Liebhaber zu unterhalten, Fächer, sie zu strafen, und wenn sie untreu sind? – Sag, Schwester, wie machen sie’s in Frankreich, wenn die Liebhaber untreu sind?

Sophie. Man verwünscht sie.

Marie. Und?

Sophie. Und läßt sie laufen.

Marie. Laufen! Nun und warum soll ich Clavigo nicht laufen lassen. Wenn das in Frankreich Mode ist, warum soll’s nicht in Spanien seyn? Warum soll eine Französin

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Johann Wolfgang von Goethe: Clavigo. Ein Trauerspiel. Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1774, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Clavigo._Ein_Trauerspiel_(Goethe)_1774_-_014.jpg&oldid=- (Version vom 5.1.2019)