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In anderen Legenden werden die Heiligen wirklich von den Löwen zerrissen, wie schon der Prophet Joel. St. Ignatius Theophorus, Bischof von Antiochia, soll das Kind gewesen seyn, welches Jesus unter die Jünger stellte als Sinnbild der Demuth: „So ihr nicht werdet, wie die Kindlein, so werdet ihr nicht in den Himmel kommen.“ Er wurde später zu Smyrna als Christ verfolgt und im Amphitheater von Löwen zerrissen, wobei er rief: „Bin ich der Waizen Christi, so werden mich die Zähne des Löwen mahlen, dass ich ein reines Brod werde.“ 1. Februar. Acta SS. St. Marcian wurde von einem Löwen geliebkost, aber von einem Leoparden zerrissen.

Diese grausamen Löwen bedeuten den Teufel, den grimmigen Feind Christi. Daniel in der Löwengrube kommt ausserordentlich oft auf christlichen Gräbern vor und bedeutet hier immer die Erlösung aus den Banden des Todes und des Teufels. Vgl. d. Art. Daniel. Nach der Legende spielt das Christkind in der Löwengrube mit den wilden Bestien. Hofmann, Apokr. 245. Eben so der jugendliche heilige Vitus. „Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, welchen er verschlinge,“ 1. Petri 5, 8. „Hilf mir aus dem Rachen des Löwen,“ Psalm 22, 22. Christus tritt zuweilen einen Löwen und einen Drachen unter die Füsse, beides Sinnbilder des Teufels. So an den berühmten Thüren zu Nowogrod, in der Kirche Notre Dame zu Chartres etc. Vgl. Heider S. 31. — Der vom christlichen Herkules besiegte und der den christlichen Pyramus zerreissende Löwe (Piper I. 407.) sind Künstlerwillkührlichkeiten, die keine Nachahmung, kaum Beachtung verdienen.

Die häufig in Kirchen vorkommenden Löwenrachen sind von verschiedener Bedeutung. Unter Säulen und Gebälken halb erdrückt oder Menschenköpfe im Rachen haltend (zu Worms) bedeuten sie ohne Zweifel den Teufel, den die Kirche bändigt oder nur warnend den Sündern vorhält. Vgl. Piper I. 407. Die vielen an den Kirchthüren angebrachten Löwenrachen, z. B. in Florenz, Mainz, Hildesheim etc., scheinen

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_040.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)