Charles Dickens: Der Weihnachts-Abend. Übersetzt von Julius Seybt | |
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Scrooge trat schüchtern ein und senkte das Haupt vor dem Geiste. Er war nicht mehr der hartfühlende, nichtsscheuende Scrooge wie früher, und obgleich des Geistes Augen hell und mild glänzten, wünschte er ihnen doch nicht zu begegnen.
„Ich bin der Geist der heurigen Weihnacht“, sagte die Gestalt. „Sieh mich an.“
Scrooge that es mit ehrfurchtsvollem Blick. Der Geist war in ein einfaches, dunkelgrünes Gewand, mit weißem Pelz verbrämt, gekleidet. Die breite Brust war entblößt, als verschmähte sie, sich zu verstecken. Auch die Füße waren bloß und schauten unter den weiten Falten des Gewandes hervor; und das Haupt hatte keine andere Bedeckung, als einen Stecheichenkranz, in dem hie und da Eiszapfen glänzten. Seine dunkelbraunen Locken wallten fessellos auf die Schultern. Sein munteres Gesicht, sein glänzendes Auge, seine fröhliche Stimme, sein ungezwungenes Benehmen, Alles sprach von Offenheit und heiterm Sinn. Um den Leib trug er eine alte Degenscheide gegürtet; aber sie war von Rost zerfressen und kein Schwert stak darin.
„Du hast nie meines Gleichen vorher gesehen“, rief der Geist.
„Niemals“, entgegnete Scrooge.
„Hast Dich nie mit den jüngern Gliedern meiner Familie abgegeben; ich meine (denn ich bin sehr jung) meine ältern Brüder, welche in den letzten Jahren geboren worden sind“, fuhr das Phantom fort.
Charles Dickens: Der Weihnachts-Abend. Übersetzt von Julius Seybt. G. Grote, Berlin 1877, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Charles_Dickens_Der_Weihnachts-Abend.djvu/72&oldid=- (Version vom 31.7.2018)