Charles Dickens: Der Weihnachts-Abend. Übersetzt von Julius Seybt | |
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ihren Gatten. Sein Gesicht war bekümmert und niedergeschlagen, obgleich er noch jung war. Es zeigte sich jetzt ein merkwürdiger Ausdruck in demselben, eine Art ernster Freude, deren er sich schämte und die er sich zu unterdrücken bemühte.
Er setzte sich zum Essen nieder, das man ihn am Feuer aufgehoben hatte; und als sie ihn erst nach langem Schweigen frug, was er für Nachrichten bringe, schien er um die Antwort verlegen zu sein.
„Sind sie gut“, sagte sie, „oder schlecht?“
„Schlecht“, antwortete er.
„Wir sind ganz zu Grunde gerichtet?“
„Nein, noch ist Hoffnung vorhanden, Karoline.“
„Wenn er sich erweichen läßt“, rief sie erstaunt, „dann ist noch welche da! Ueberall ist noch Hoffnung, wenn ein solches Wunder geschehen ist.“
„Für ihn ist es zu spät, sich zu erbarmen“, sagte der Gatte. „Er ist todt!“
Wenn ihr Gesicht Wahrheit sprach, so war sie ein mildes und geduldiges Wesen; aber sie war dankbar dafür in ihrem Herzen und sagte es mit gefalteten Händen. Sie bat im nächsten Augenblick Gott, daß er ihr verzeihen möge und bereute es; aber das Erste war die Stimme ihres Herzens gewesen.
„Was mir die halbbetrunkene Frau gestern Abend sagte, als ich ihn sprechen und um eine Woche Aufschub bitten wollte; und was ich nur für eine bloße Entschuldigung hielt, um mich abzuweisen,
Charles Dickens: Der Weihnachts-Abend. Übersetzt von Julius Seybt. G. Grote, Berlin 1877, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Charles_Dickens_Der_Weihnachts-Abend.djvu/122&oldid=- (Version vom 31.7.2018)