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Die Kirche des ehemaligen Cistercienser Nonnenklosters Porta coeli. 273


welche sich im Halbkreise um den Chor der Kirche hindehnte. Die Propstei war ein selbstständiges, nahe an der Westseite der Kirche sich erhebendes Gebäude, welches in neuerer Zeit modernisirt, als Schloss der Domänenbesitzer sich darstellt. Der ehemalige Klosterbau ward aber, wie in der Geschichte des Stiftes berührt wurde, im 17. Jahrhundert aufgeführt und wird gegenwärtig zu Fabrikslocalitäten benützt.




Bei der Betrachtung des hier geschilderten Baudenkmals drängt sich die Frage auf, in welchem Verhältnisse dasselbe zu ähnlichen gleichzeitigen Kirchenbauten stehe, und welche Vorbilder dem Baukünstler bei der Ausführung seines Werkes vorgeschwebt haben mochten.

In der Anlage und den wesentlichen Constructionsformen gewahrt man allerdings keine Abweichung von den zur Zeit des Übergangsstyles in der kirchlichen Architectur herrschenden Normen. Wesentliche Abweichungen von den festgesetzten Regeln waren ja zu jener Zeit, zumal in Klosterkirchen gar nicht zulässig; blos in der Ausführung des Details können sich Verschiedenheiten und Modificationen kund geben, aus welchen man auf den Einfluss irgend einer speciellen Kunstrichtung schliessen kann. Der Nachweis eines solchen Einflusses ist aber im vorliegenden Falle ziemlich schwierig. Fassen wir zuvörderst die Bildung der Gewölbstützen in der Kirche selbst ins Auge. Da gewahrt man, dass die Säulencapitäle grossentheils jenes im Übergangsstyle allgemein herrschende, aus starkrippigen an der Spitze in eine Knospe auslaufenden Blättern gebildete Capitäl haben, und dass das volle gothische Blättercapitäl nur als Ausnahme an einigen Säulen sich darstellt. Seltener kommen schon in anderen Bauwerken die Blendschilde über den Deckplatten der Pfeiler und Säulen vor, wie sie zu Tišnowic in der Kirche sowohl als auch, und zwar mit entschiedener Consequenz, im Kreuzgange erscheinen. Solche Schilde gewahrt man z. B. in den Kreuzgängen der Klöster Heiligenkreuz und Lilienfeld, ferner in der Dechanteikirche zu Kauřim, in der Abteikirche zu Hohenfurt, in der St. Johanniskirche zu Neuhaus u. s. w. Auch die attische Säulenbasis, deren unterer flach gedrückter Pfühl tellerförmig sich ausweitet, ist an den Arcadensäulen des Umganges zu Heiligenkreuz wie auch im Kreuzgange zu Lilienfeld durchaus vorherrschend. Doch weiset die Gestaltung der übrigen Glieder dieser herrlichen Baudenkmale wesentliche Verschiedenheiten von der Detailbildung des Umganges zu Tišnowic.

Im Umgange zu Heiligenkreuz sind die Säulen der Arcadenöffnungen zumeist durch Rundbogen gekuppelt, in jedem Scheidebogen sind drei runde Öffnungen angebracht und das Ornament der Capitäle und Consolen hat nicht jene eigenthümliche Zierlichkeit und Mannigfaltigkeit, die man im Kreuzgange zu Tišnowic bewundert[1]. Grösser ist allerdings die Ähnlichkeit der Säulenbildungen in dem grossartigen Kreuzgange der Cistercienser-Abtei Lilienfeld mit jenen zu Tišnowic, jedoch gewahrt man nicht blos in der Construction der Blendbogen, sondern auch in der Anordnung und im Organismus des Ganzen an beiden Bauwerken wesentliche Unterschiede[2]. Die am Portale zu Tišnowic vorkommenden unterbundenen, oder


  1. Vergl. Dr. Heider’s mittelalterliche Kunstdenkmale aus Österreich, I, 48. — Der Kreuzgang zu Heiligenkreuz wurde, wie aus Feil’s trefflicher historischer Darstellung hervorgeht, fast gleichzeitig mit jenem zu Tišnowic um das Jahr 1243 erbaut.
  2. Siehe Kunstdenkmale des Mittelalters im Erzherzogthume Niederösterreich von Dr. Eduard Freiherrn v. Sacken, im Jahrbuche der k. k. Central-Commission 1857.
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