Seite:Carstens Werke 3. Band Argonautenzug.pdf/21

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.



Tafel 10. Das Opfer auf dem Dindymos.

Nach dem Kampfe mit den Riesen stachen die Argofahrer wieder in See, sie wurden jedoch in der Nacht durch einen heftigen Sturm nach Kyzikos zurückgeworfen, wo sie, indem man sich wechselseitig nicht erkannte, mit den Dolionen in blutigen Streit geriethen. Der König Kyzikos selbst fiel und dessen Gemahlin, Kleite, gab sich infolge dessen freiwillig den Tod. In gemeinsamer Trauer wurde von den Hellenen und Dolionen das Unheil beklagt. Aber der Sturm, von der Rhea Kybele erregt, wollte nicht weichen. Endlich am dreizehnten Tage ermahnte Mopsos, durch ein Gesicht belehrt, den Iason, die grosse Göttin durch ein Opfer vor ihrem Heiligthume auf dem Berge Dindymos zu versöhnen. Die Helden nahmen nun die Opferthiere, zogen auf den Berg, errichteten aus Feldsteinen einen Altar und vollzogen das Opfer. Beim Apollonios (I. v. 1124) heisst es:

„ . . . jetzt huben sie an, Sühnopfer zu weihen,
Dindymos Mutter, die hochehrwürdige, laut anrufend,
Sie, die in Phrygia wohnt.“

Und einige Verse weiter liest man:

„Viel mit heissem Gebet, dass sie wendete gnädig die Windsbraut,
Flehete Aison’s Spross, und er sprengete über die Opfer,
Hell von der Gluth, und es tanzten zugleich auf Orpheus Ermahnung,
Viel aufhüpfend die Jüngern in Wehr den bewaffneten Reihntanz,
Während das Schwert an den Schild anschmetterte, dass auch der Wehruf
Ganz in der Luft hinschwand, der unglückliche, den noch die Völker
Tief im Gram um den Fürsten erhoben.“

Carstens lässt den Orpheus zu diesem Tanze seine Leier spielen, wozu ihn vielleicht die Orphische Argonautika anregte. Nach dieser forderten die Helden den Orpheus auf, die Göttin zu besingen, damit sie ihnen glückliche Fahrt gewähre (v. 614.)





Tafel 11. Der Raub des Hylas.

Nachdem die Göttin dem Sturme geboten, ruderten die Argoschiffer weiter. An der Küste von Mysien legten sie an. Herakles, der auf dieser Fahrt sein Ruder zerbrochen hatte, ging alsbald in den Wald, um Holz zu einem neuen zu suchen. Unterdessen war Hylas mit dem ehernen Kruge gegangen, um kühles Wasser für die Abendmahlzeit des Herakles auszuspähen. Apollonios (I. v. 1220) erzählt nun weiter:

„Hylas kam zu dem Quell aufs schleunigste, welcher genannt ist
Pegai von all den Ringsumwohnenden. Eben begannen
Dorten die Nymphen den Reihn; denn ihnen ist einzige Sorge,
Soviel Nymphen nur auch an dem lieblichen Ufer dort wohnen,
Artemis immer bei Nacht in des Lobs Hochliede zu preisen.
Doch es enttaucht nun des Quells sanft rieselndem Spiegel die Nymphe


Empfohlene Zitierweise:
Herman Riegel (Hrsg.): Carstens Werke. Dritter Band: Der Argonautenzug. Alphons Dürr, Leipzig 1884, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Carstens_Werke_3._Band_Argonautenzug.pdf/21&oldid=- (Version vom 14.2.2021)