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bekam den Auftrag, in dem Kloster, welches Dolores gegründet hatte, ein Bild der Madonna zu malen. Als Modell diente ihm die Pförtnerin des Klosters, Rosatristis, eine Enkelin von Dolores, Tochter deren ältesten Sohnes. Kosme hatte eines Tages seinen Ring, den der Mutter Gottes, den ihm seine Mutter umgehängt, beim Ballspiel an den Finger einer Venusstatue gesteckt; als er ihn wieder nehmen wollte, hatte die Statue den Finger gekrümmt, sodaß der Ring nicht loszumachen war. In der Nacht hatte er einen wüsten Traum und fand beim Erwachen einen anderen Ring an seiner Hand – den Ring der Venus. Durch diesen Ring und einen Teufel, der sich ihm als Farbenreiber gesellte, ward er in Versuchungen verstrickt, verführte und entführte die ihm Modell stehende Nonne Rosatristis und verließ seine Frau. Rosatristis legt beim Verlassen des Klosters den ihr als Pförtnerin anvertrauten Schlüssel auf den Altar der Mutter Gottes. Mit Rosatristis zeugte Kosme drei Töchter, die er sie auszusetzen zwang. Die älteste, Rosarose, legte sie ihrem Vater vors Haus, der sie der Witwe eines Arztes zur Erziehung gab. Die zweite, Rosadora, legte sie mit ihrem eigenen, von Kosme als Farbenskizze gemalten Bilde und dem Venusringe neben dem Hause der Künstlerin Rosalaeta nieder, welche dieses Kind aufnahm, Biondetta nannte und für ihren Beruf erzog. Vor der Geburt des dritten Kindes ward Rosatristis von bitterer Reue erfaßt, ging nach dem Kloster, aus dem sie treulos entflohen war, um als Kranke Aufnahme zu erstehen. Im Chore, wohin sie geführt wird, sah sie die Muttergottes in ihrer, Rosatristis eigenen Gestalt, die seit ihrer Flucht ihre Stelle vertreten hatte. Sie entdeckt dem Beichtvater des Klosters, Benone, ihr Geheimnis und das von der Muttergottes zur Verheimlichung ihres Vergehens gewirkte Wunder. In der Geburt ihres dritten Kindes, Rosablanca, stirbt sie. Kosme erfährt diese Vorgänge durch einen Traum, eilt ins Kloster, empfängt

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Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Petrus-Verlag G.m.b.H., Trier 1912, Seite XX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_A_020.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)