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„Grüß dich Gott zum Wiedersehen!
Ei, wie bist du schön geworden,

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Meine liebe Rosarose!“

Hat das Kind zu ihr gesprochen.

Und sie sprach: „Mein guter Engel,
Du kamst, wie du mir versprochen,
Doch du bleibest stets derselbe,

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Du bist größer nicht geworden!“


„Mir ist“, hier das Kind versetzte,
„Dieses Maß gegeben worden.
Ach, es war nicht zu ermessen,
Als dies Maß war voller Wonne!“

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Doch nun fühlt die Jungfrau Schmerzen;

Klagend sprach sie: „O, Benone,
Komme bald zum Trost der Seele
Und geselle mich den Toten!“

Und der Knabe sorglich legte

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Auf die Stirn ihr eine Rose,

Und von ihrem Duft erwecket,
Hat die Jungfrau sich erholet.

„Du hast dich zum Hochzeitsfeste“,
Spricht er, „schön geschmückt mit Golde,

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Und mit Perlen und Juwelen

Strahlst du in der Jungfraunkrone!

Wird dein Bräutgam dich auch kennen,
Der dich sonst nur sah mit Rosen?“
„Ja,“ sprach sie, „er wird mich kennen

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An dem Blut, das ich vergossen!“


Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_208.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)