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Lange wählet Rosablanke

Welch Gewand sie nehmen sollte,

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Und Biondetta singt zur Harfe,

Ihre Rolle wiederholend:

„Lebet wohl, ihr falschen Farben,
Eitler Tränen Regenbogen,
Sterne, die mit falschem Glanze

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Dienten einem Flittermonde!


Meine Tränen sollen wachsen,
Daß sie mit den bittern Wogen
Ganz mein Irdsches überwallen,
Bis die Schuld ist hingenommen.

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Aus dem Argen in die Arche

Geh ich, eine Tochter Noä,
Kleide mich in schwarzer Farbe,
Wie der Rabe ausgeflogen.

Kleide schwarz mich gleich dem Raben,

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Der als Bote ausgeflogen,

Und so traurig auf den Wassern
Schwebte, bis sie abgenommen.

Schleire mich mit weißer Farbe
Gleich der Taube, die als Bote

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Wiederkehrte mit dem Blatte,

Das dem Friedensbaum entsprossen.

Sei gegrüßt, du Tag der Gnade!
Durch den Friedensbogen Gottes
Will ich zu den Vätern wallen

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Auf der Opferflamme Wolken.“


Also sang sie. Rosablanke

Wählt das Röcklein einer Nonne,
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_050.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)