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Von der Gäste lautem Danke

Ward Biondetta hergelocket,

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Schaut herab zur offnen Tafel,

Will mit ihrer Kunst sie loben.

Leis ergreift sie ihre Harfe,
Singet still herabgebogen:
„Heil dir, Jungfrau, mit dem Lamme,

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Mit dem Knaben, mit dem Vogel.


Über deinem frommen Mahle
Weile gern das Auge Gottes,
Denn so liebe Gäste saßen
Einstens um das Tischlein Josefs.

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Herr, dies Mahl laß dir gefallen

Zum Gedächtnis deines Sohnes,
Und die arme irdsche Harfe
Klinge bald am Himmelstore.“

Als die Worte niederklangen,

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Saß die Jungfrau stille horchend,

Ließ die Gäste munter naschen
Brot und Honig aus dem Schoße.

Und Biondetta flüstert sachte:
„Mägdlein, sieh nach deinem Korbe,

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Denn das Lamm hat mit der Nase

Schon das weiße Tuch erhoben.

Kindisch horchend meiner Harfe,
Bist du um dein Brot gekommen;
Darf ich dich zu Gaste laden,

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So tritt ein in meine Pforte!“


Doch nun spricht der blonde Knabe:

„Eh du gehest, fromme Tochter,
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_038.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)