Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 014.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Bitte für uns arme Sünder

Jetzt und in dem Tode, Amen!“

25
Spricht sie – und vom Stern der Frühe

Weissagt auch die fromme Schwalbe,
Und des Traumes schwülen Flügel
Spannt sie über Rosablanken.

Auf der goldnen Locke Fülle,

30
Schwer vom blanken Nacken wallend,

Sinkt ihr schlummernd Haupt zurücke,
Himmelsspiegel wird die Wange.

Schüchtern um die rosgen Füße
Ihr der Tau die Traumflut sammelt,

35
Und der West mit kühlem Flüstern

Dunkle Schlummersegel spannet.

Und der Traum spielt, sie berückend,
Auf der Wimpern goldnen Strahlen,
Die zum Schlummer sind entzücket

40
In des Morgensternes Glanze.


Und es kreuziget die Süße
Fromm gewohnt sich Stirn und Wange,
Legt in Gottes Hand die Zügel
Der nachtwandelnden Gedanken.

45
Von den lichtergrauten Hügeln[1]

Nieder zu des Tales Garten
Durch die Nebelwege düster
Sieht sie einen Jüngling wallen.

Zu des Gartens Rosengrüften,

50
Wo die Düfte schlummernd schwanken,

Eilet Rosablanka schüchtern;
Jener folget ihrem Pfade,

Anmerkungen des Herausgebers

  1. [399] In dem Traume sieht Rosablanka, wie durch die Sünde Adams die Schuld in die Welt kam, die Voreltern des Paradieses beraubte und sie zwang, der Erde ihren Unterhalt abzugewinnen.
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_014.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)