Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Hist. I 2, bei seinem Überblick über die Schicksale des römischen Reiches, die er berichten will: mota etiam prope Parthorum arma falsi Neronis ludibrio. — Was aus diesem zweiten (dritten) Nero schließlich geworden ist, wissen wir nicht. Die Parther werden ihn bald haben fallen lassen.

An diesen Volksglauben knüpften nun die jüdischen und christlichen Erwartungen an[1]. Als älteste Quelle kommt hier für uns zunächst das vierte Buch der Sibyllinen in Betracht. Zahn (a. a. O. 33ff.) hat wahrscheinlich gemacht, daß diese Sibylle bald nach dem Ausbruch des Vesuv (79) von einem Juden verfaßt sei (vgl. IV. 130ff.)[2]. Unmittelbar nach dem Ausbruch des Vesuv erwartet die Sibylle das Ende. Hier in Kleinasien scheint die Erwartung vom wiederkehrenden Nero am lebendigsten gewesen zu sein. In unsrer Sybille heißt es

IV 119ff.:
καὶ τότ’ ἀπ’ Ἰταλίης βασιλεὺς μέγας οἷά τε δράστης
φεύξετ’ ἄφαντος ἄπυστος ὑπὲρ πόρον Εὐφρήταο.
IV 137ff.:
εἰς δὲ δύσιν τότε νεῖκος ἐγειρομένου πολέμοιο
ἥξει, καὶ Ῥώμης ὁ φυγὰς μέγα ἔγχος ἀείρας
Εὐφρήτην διαβὰς πολλαῖς ἅμα μυριάδεσσιν.

Die Stellen sprechen deutlich genug, sie beweisen, daß um das Jahr 79/80 die Erwartung, daß Nero mit den Parthern zurückkehren werde, im Volksglauben lebendig war. Man kann auch gar nicht einmal sagen, daß hier eine spezifisch jüdische Weissagung vorliegt. Der jüdische Verfasser der Sibylle hat einfach übernommen, was der heidnische Volksglaube von dem wiederkehrenden Nero fabelte.

Anders verhält es sich mit der von spezifisch jüdischem Geist durchtränkten fünften Sibylle. Gegenüber Zahns Versuchen einer durchgehenden Quellenscheidung hat neuerdings Geffcken mit guten Gründen die Herkunft des ganzen Buches mit Ausnahme der später eingeschobenen Verse 1-51 und weniger anderer Verse von einem Verfasser behauptet. Aber noch bestimmter, als G. dies hervorgehoben, möchte ich darauf hinweisen, daß Sib. V andrerseits keine fortlaufende Weissagung enthält, sondern eine ganze Reihe kleinerer von einer Hand stammender Orakel[3], die zwar immer wieder auf einander Bezug nehmen, aber doch jedes für sich stehen. Die Themata dieser Orakelsprüche, die immer wiederkehren, sind — abgesehen von den Weissagungen über Ägypten (52-91. 179-213. 484-Ende): Pseudo-Nero (93-110.


  1. Vgl. zum folgenden Zahn, apok. Studien ZWL. 1886 337ff. Geffcken, Studien zur älteren Nerosage Nachr. d. Ges. d. Wiss. Gött. 1899. Ders., Komposition u. Entstehungszeit der Oracula Sibyllina 1902. (Texte u. Unters. N. F. VIII 1.).
  2. Vgl IV. 135 f.
    γινώσκειν τότε μῆνιν ἐπουρανίοιο θεοῖο
    εὐσεβέων ὅτι φῦλον ἀναίτιον ἐξολέσουσιν.
    Vgl. V. 125ff. die Zerstörung des Tempels.
  3. Möglich daß ein Redaktor, ohne viel vom Eignen hinzuzufügen, diese Stücke durch leichte Übergänge verband, so daß sie nun den Eindruck eines zusammenhängenden Orakels machen.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S412.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)