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Einlaßbillet zu den himmlischen Mahlzeiten. Andre machen auf die Sitte aufmerksam, daß im Gericht weiße Steine zum Zeichen der Freisprechung abgegeben werden und finden demgemäß hier die Rechtfertigung angedeutet. Wieder andre denken an die Urim und Thumim. Dstd. macht jedoch dagegen geltend, daß diese Steine nicht ψῆφοι genannt werden (vgl. Exod 28,17; 39,14). — Noch ratloser sind die Exegeten in der Deutung des unbekannten Namens. Man rät bald auf den Namen Gottes oder Christi (vgl. 3,12; 14,1. 19,12 hat der Messias einen Namen, den Niemand kennt), bald auf den eignen Namen des Siegers (Dstd.). Und was bedeutet es, daß der Name des Siegers auf dem weißen Stein steht? Diejenigen Ausleger, welche die Steine auf Urim und Thumim deuten, sind der Ansicht, daß wie auf diesen die Namen der Zwölfstämme standen, die Gottgeweihtheit der Seligen dadurch zum Ausdruck gebracht werde, daß ihre Namen auf den Steinen stehen. Daß nur der Empfänger den Namen kennt, erklärt Dstd. unter Hinweis darauf, daß der Name die neue Herrlichkeit der Kinder Gottes zum Ausdruck bringe, welche nur von diesen (ὁ λαμβάνων generisch zu fassen) geschaut wird, und von welcher die nichtberufenen keine Ahnung haben. — Das sind alles höchst gezwungene Erklärungen. Erst wenn man diesen rätselhaften Ausdruck in das richtige Milieu eingerückt hat, vermag man ihn zu verstehen. Er findet aber seine Erklärung in dem weitverbreiteten Glauben an die zauberkräftige Bedeutung des Namens. Parallelen hierfür beizubringen, erscheint überflüssig, nachdem Heitmüller in seinem Werk „im Namen Jesu“ (Forsch. z. Rel. u. Lit. d. A. u. N. T 1903 H. 2) das in Betracht kommende Material zusammengebracht hat (vgl. namentlich 128-265). Was hier vorliegt, ist Zauberglaube. Und zwar ist hier wohl weniger daran zu denken, daß der Fromme selbst dereinst einen neuen Namen zu eigen bekommen soll und mit dem Namen eine neue Machtstellung. Auch dieser weiter unten noch genauer zu besprechenden Vorstellung begegnen wir in der Apk 3,12; (14,1) und (auf den Messias bezogen) 19,12. Vgl. Jes 62,2; 65,15. Hier liegt vielmehr eine andre Vorstellung zu Grunde. Der weiße Stein mit dem unbekannten Namen ist nichts andres als ein Amulett mit einer wirkungskräftigen Zauberformel. Eine Parallele mag hier erwähnt werden, weil hier ebenfalls gerade ein Stein mit einem geheimnisvollen Namen erwähnt wird: Bab. Talmud, Sukka 5 „Zur Stunde, da David die Fundamente des Tempels ausgrub, strömt der Abgrund hervor, die Welt zu verschlingen. David sprach, wer weiß, ob es erlaubt ist, den unaussprechlichen Namen auf eine Scherbe zu schreiben und in den Abgrund zu werfen, damit er sich beruhige?“ (Wtst.) Ein solches zauberkräftiges Amulett verleiht dem Frommen eine vollkommene Herrschaft über alle Dinge. Ganz in diese Vorstellungswelt paßt es hinein, wenn betont wird, daß der Name neu und niemandem bekannt sein soll als dem Empfänger. Auf dem tiefen Geheimnis beruht der Wert des zauberkräftigen Namens (resp. der Formel). Wer den Namen erführe, hätte damit dieselbe Macht wie der Besitzer. Daher wird betont, daß nur der Fromme den Namen kennen und seiner Macht teilhaftig werden soll. Ob der Apok. diese volkstümliche Zaubervorstellung nur noch als herübergenommenes

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Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S215.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)