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Hades bezwingenden Gottheit, der schon lange vor dem Beginn der christlichen Religion sich ausbildete, ist frühzeitig auf Christus adaptiert. „Wir erinnern uns dabei an die babylonisch gnostischen Mythen von der Überwindung der Todesmächte durch einen göttlichen Helden, der in die Unterwelt hinabgestiegen, deren Tore erbrochen, deren Schlüssel erobert habe und als Sieger über Tod und Hölle wieder zur Welt des Lebens und Lichtes zurückgekehrt, zum Retter und Bürgen des Lebens für die Seinen geworden sei.“ Pfleiderer, Urchristentum² II 288. Man vergleiche die Mythen von der Höllenfahrt der Isthar; des Hibil-Ziwa bei den Mandäern, des Urmenschen im System Manis, dem Herabsteigen des Erlösers (des „ἄνθρωπος“) in zahlreichen gnostischen Sekten. Es ist vielleicht kein Zufall – das beweist der Überblick über diese Parallelen – daß die Idee der Hadesfahrt gerade in der Vision vom „Menschengestaltigen“ erscheint. Die weitverzweigten Mythen vom „Menschen“ (Urmenschen) und von der Hadesfahrt scheinen eng zusammenzugehören. – Die Genetive τοῦ θανάτου καὶ τοῦ ᾅδου – können als Gen. possessivi oder objectivi aufgefaßt werden. Im ersteren Fall sind θάνατος und ᾅδης als Personen aufgefaßt, die im Besitz der Schlüssel sind, im zweiten Fall als Lokalitäten (θάνατος etwa gleich Reich des Todes). Da der Apokalyptiker 6,8 Tod und Hades personifiziert, so ist die erstere Deutung wahrscheinlich. Beide Genetive verschieden zu deuten und nur den Tod als Person aufzufassen (Dstd.), geht kaum an. – Die ganze Anrede an den Seher hat zunächst den Zweck, ihn wieder zu ermutigen. Daher aber führt der Weltenrichter sich in seiner vollen Majestät ein, als der ewig Lebendige, der Herr über Tod und Hades, um seinen Seher auszurüsten mit der Bußpredigt, wie mit verheißungsvollem Trost.

1,19. γράψον οὖν, ἃ εἶδες καὶ ἃ εἰσὶν καὶ ἃ μέλλει[1] γίνεσθαι (mit ℵcA. Min; γενέσθαι lesen ℵCPQ An.¹²³, s. o. S. 169) μετὰ ταῦτα. vgl. 1,2; 4,1. Als der Herr über Tod und Hölle befiehlt Christus dem Seher, die Gerichtsvisionen zu schreiben. Und zwar soll er zunächst schreiben, was er gesehen hat, d. h. in erster Linie die bedeutungsvolle, dem ganzen voranstehende majestätische Erscheinung des Weltrichters. Weiter soll er zeugen von dem „was ist“. Denn die Übersetzung von ἃ εἰσιν, was es bedeutet, wonach dann die Gemeindeschreiben nur Auslegungen der vorstehenden Vision wären (so zuletzt noch Sp.), scheitert schon an dem Gegensatz: καὶ ἃ μέλλει γίνεσθαι μετὰ ταῦτα (vgl. 4,1 ἃ δεῖ γενέσθαι μετὰ ταῦτα, was sicher nicht = ἐν τάχει ist), und somit ist die natürliche und sich von selbst darbietende temporale Bedeutung von ἃ εἰσιν festzuhalten. Dann aber bezieht sich dieses ἃ εἰσιν (vgl. 4,1) auf die Briefe, in denen ja allerdings in erster Linie gegenwärtige Verhältnisse behandelt werden, wenn auch immerhin Zukunftsweissagungen in ihnen vorkommen. 1,19 ist also eine Disposition des folgenden gegeben, die in 4,1 deutlich wieder aufgenommen wird.



  1. f vg. Pr.: quae oportet (δεῖ) fieri (cf. 1,1; 4,1); ℵ α δει μελλειν; C α δει μελλει, beides offenbare Mischlesarten.
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Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S198.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)