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Chronik die Verbannung nach Pathmos und die Abfassungszeit der Apk in das 14. Jahr Domitians (94) verlegt.

So steht also unser Apokalyptiker in einer ganz besonders, weltgeschichtlich wie religonsgeschichtlich betrachtet, geradezu hochbedeutsamen Situation. Seine Schrift ist eine wilde Kampfschrift gegen den im römischen Reich herrschenden Kaiserkult. Dieser Cäsarenkult ist seinerseits die charakteristische Erscheinung in der letzten Entwicklungsphase der Religion der griechisch-römischen Kulturwelt[1]. Er war nicht ihr genuines Erzeugnis. Der Osten und Ägypten sind die eigentliche Heimat der absoluten Despotenverehrung und Herrschervergottung. Von dorther ist die Idee des Gottkönigtums in die Kultuswelt des Westens gewandert. Die gewaltige Gestalt des großen Alexander hat sogar die Religion des Griechentums aus ihren Bahnen geworfen. In Anlehnung an den altgriechischen Heroenkult war nach dem Hofe Alexanders der Glaube an die göttliche Majestät des Herrschers in die Kulturwelt der Diadochenreiche eingezogen. Zunächst der gestorbenen, zu den Göttern erhöhten Herrscher. Dann war an dem Hofe der Seleuciden und Ptolemäer die Verehrung auch der lebenden Herrscher aufgekommen. Als die Gewaltmenschen der letzten Zeit der römischen Republik ihre Hand auf den Osten legten, wurde ihnen dort göttliche Verehrung von allen Seiten entgegengebracht. Und die Römer haben dann dem Kult eine neue Wendung und Bedeutung gegeben. Den klugen Rechnern wurde die ihnen vom Orient entgegengebrachte göttliche Verehrung das gewaltigste Machtmittel, mit dem sie ihre Herrschaft über den Erdrund festigten. Der Kaiserkult wurde die Staatsreligion des die Oikumene umspannenden römischen Reiches. Bereits Cäsar war mit bewußter Absicht und in vollem Umfange auf die Ideen orientalischer Despotenverehrung eingegangen. Das Regiment des Augustus bedeutete eine Reaktion. Augustus lehnte in Rom und Italien eine Vergottung seiner Person auf das bestimmteste ab. Nur die Verehrung des zu den Göttern erhobenen Divus Iulius förderte er. Aber er wehrte der weitergehenden Verehrung im Osten nicht. Und es ist für uns, wenn wir das geistige Milieu unseres Buches uns vergegenwärtigen wollen, wichtig, zu wissen, daß er auf ein Gesuch der Provinzen Kleinasien und Bithynien diesen gestattete, in Pergamon und Nicomedien Provinzialtempel des Kaiserkultes zu Ehren der Roma und des Augustus zu errichten (29 v. Chr.). Denn vielleicht ist dies der Grund, daß der Apokalyptiker von dem Satansthron in Pergamon redet. Allmählich drang der Kaiserkult – abgesehen von Rom und Italien – auch nach dem Westen (Afrika, Gallien, Spanien) vor. Um in der Sprache des Apok. zu reden, so ist es richtig, daß in seiner Zeit die Erdbewohner insgesamt „das Tier anbeteten“. Und hatte Augustus


  1. Vgl. zum folgenden: den Artikel Kaiserkult (von Drexler) in Roschers Lexikon der griech. u. röm. Mythologie II 901-919; E. Beurlier, De divis honoribus, quos acceperunt Alexander magnus et successores eius. 1890; und Le culte impérial, son histoire et organisation depuis Auguste jusqu’à Justinien 1891; Otto Hirschfeld, z. Gesch. des römischen Kaiserkultus, Sitzungsbericht d. Berl. Akad. 1888 833-862; E. Kornemann, zur Geschichte der antiken Herrscherkulte, Beiträge z. alten Gesch. I 1902 S. 51-146.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S136.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)