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und Eisen“ zurückwies. Das Jahr 1866 hat kommen müssen, um 1870 und 1914 heraufzuführen.

 Auch den Diplomaten kann ich nicht schildern, an dessen Lippen die Augen Europas hingen. Wenn man vordem ängstlich auf die Neujahrsansprachen im Elysee lauschte, ob Friede sei, was Napoleon III. sagte oder ob es Krieg bedeute, so hat nach den Maitagen des Jahres 1871 die Welt auf die Worte des Kanzlers gelauscht, der im Gegensatz zu jenem französischen Diplomaten die Sprache nicht die Gedanken verbergen, sondern aussprechen ließ, und wegen seiner Wahrhaftigkeit nicht Glauben fand. Thukydides, der griechische Geschichtsschreiber, sagt von dem Athener Themistokles, er habe in kürzester Zeit immer das Nötigste gedacht, gesagt, getan. Und das sei dann ausreichend gewesen. Was die zwanzig Jahre Bismarckischer Politik nicht Preußen allein, nicht einmal dem Deutschen Reiche allein, sondern der gesamten Welt gebracht haben, also daß es von ihm bei seinem Tode heißen konnte: „Er ward geboren in Preußen, er starb in Deutschland, er ward betrauert in der Welt“, – das hat erst die Folgezeit erwiesen, in der unser Urteil warb, nicht umworben ward, Liebe suchte und nicht Furcht erzwang, Freundschaften begehrte, wo starkes Übergewicht Geltung sich hätte erzwingen müssen.

 Ja, wenn einer den Feldherrn Bismarck zeichnen wollte, der mit strategischem Tiefblick bei Königsgrätz die Lage der Dinge an der Ruhe Moltkes kennen lernte, mit der er von zwei Zigarren die bessere sich auswählte, trotz aller Abneigung der „Halbgötter“ oft kernige Worte in die Kriegsberatungen hineinwarf und durch die Rede für den Militäretat, für das Septennat (Rede vom 3. Februar 1888) Unüberbietbares für die deutsche Schlagfertigkeit und die Waffentüchtigkeit unseres Heeres tat, – so würde er das Urteil Kaiser Friedrich III. für sich haben, der am 25. März 1888 schrieb: „Wo es galt, das Wohl

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Hermann von Bezzel: Bismarck und das deutsche Gemüt. Paul Müller, München ca. 1916, Seite 05. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bismarck_und_das_deutsche_Gem%C3%BCt_05.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)