Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 308.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

konnten die Katholiken ungehindert in benachbarten katholischen Orten ihre Kinder zur Taufe bringen und dort ihre Todten bestatten lassen.

Die kirchenrechtlichen Verhältnisse waren äußerst verwickelt und brachten vielen Streit zwischen den evangelischen und katholischen Ganerben. Gegenüber von komburgischen Neuerungen in der Besetzung der Pfarrei verständigte sich Hohenlohe mit den Herren von Stetten 1579 und besonders 1608. Sie besetzten die geistlichen Stellen in K., Hohenlohe als der Kirche in K. alter Schutz- und Schirmherr, die v. Stetten als der augsburgischen Konfession zugethane Ganerben. Sie präsentiren 1609 auf vorangegangene genugsame Examination und vorgezeigte ehrliche Testimonia der Gemeinde einen neuen Kaplan zur Probepredigt, erwählen und verordnen denselben, doch nicht ohne ihn dem eigentlichen Kollator, dem Probst zu Komburg, namhaft zu machen. Dagegen protestiren der mainzische Keller zu Nagelsberg, der würzburgische Schultheiß und der komburgische geistliche Verwalter. Sie versperrten die Kirche, aber Hohenlohe und Stetten brauchten Gewalt und stellten den neuen Kaplan der Gemeinde am 10. nach Trinitatis vor.

Komburg sprach das jus praesentandi an als Patron, Würzburg als ordinarius, Mainz als condominus. Hohenlohe erklärte, die geistliche Jurisdiktion sei durch den Passauer Religionsfrieden suspendirt, seit der Reformation habe es ungehindert die Kirchendienste bestellt (K. Akten). 1662 sprach Komburg die Kollatur der beiden Pfarrstellen wieder an und wollte sie an Mainz verkaufen (Mayer Coll.). Das konnte Hohenlohe nicht geschehen lassen und kaufte nun das jus patronatus sammt der geistlichen Verwaltung, allen Lehen, Gülten, Zinsen und Zehnten Komburg ab. Der Bischof von Würzburg gab seine Einwilligung dazu. 1693 verbot Mainz, wie schon früher dem Pfarrer Baumann bei 200 Rthlr. die Versehung seines Amtes, der Gemeinde K. den Vikar des alten Pfarrer Kern als ihren Seelsorger anzuerkennen und seine Predigten zu besuchen, solange er nicht von beiden Stiftern anerkannt sei, bei 100 Thlr. Strafe.

Endlich sprach das Reichskammergericht 1723 den Grafen von Hohenlohe, welche 1717 die Herren von Stetten abgefunden hatten, das jus episcopale (nemlich denominatio, examinatio, vocatio, ordinatio, praesentatio, installatio, confirmatio, correctio, destitutio) der Geistlichen zu. Nach einem Ganerbenrezeß vom 11. Okt. 1723 soll Hohenlohe die actiones personales gegen die Geistlichen, das gemeine Gericht die actiones reales (Pfarrgüter betr.) haben. Dem gemeinen Gericht unterstehen auch die Ehehalten, sowie die Witwen der Geistlichen, sobald sie nicht mehr im Pfarrhaus wohnen (K. Akten).

Gegen die Kirchenordnung in K. machte Graf Wolfgang von Hohenlohe 1599 geltend, sie enthalte Unpassendes, welches abzustellen der weltlichen Obrigkeit nach dem Religionsfrieden zustehe (Mayer Coll.). Feierte man doch in K. noch 1747 Mariä Himmelfahrt. Die Gemeinde bat 1609 durch Schultheiß und Gericht, sie bei der alten wirtembergischen Kirchenordnung zu belassen und ihr nicht die Hohenlohische oder Stettensche aufzudrängen, was zugesagt wurde. 1663 erregte eine von Hohenlohe vorgenommene Änderung des Kirchengebets Streit, Mainz verlangte 1664 Nennung im Kirchengebet.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_308.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)