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technisch genommen, auch nicht das Mittel zur Fortspinnung des melodischen Fadens, sondern die Melodie empfängt ihre Impulse aus dem Ablauf des dramatischen Geschehens und das Motiv bleibt, soweit es nicht in absichtlicher Breite als Reminiszenz auftritt, das äußerlich fast unbemerkbare Band inneren Geschehens. Mir scheint, daß sich hier eine neue Art musikdramatischen Gestaltens ankündigt, eine Art, die, wie Debussy an Rameau anknüpft, so hier auf Gluck und Händel, auf den Stil der melodisch homophonen Dramatik zurückweist – freilich nicht in äußerlicher Anlehnung, sondern nur der Art der inneren Anschauung nach und aus dem Geist eines namentlich koloristisch ganz anders gearteten Empfindens heraus. Die kommenden Werke Schrekers werden lehren, ob es ihm gelingt, den Weg zur melodischen Gestaltung des dramatischen Ausdrucks weiterzuschreiten.

In der Lyrik möchte ich hier nachdrücklich auf die Gesänge und die mit diesen in engem Zusammenhang stehende „Geschwister“komposition Ludwig Rottenbergs hinweisen. Ich betone – es kommt hier nicht auf die Wertung, sondern auf die Erkenntnis des Inneren Wesens der Werke an. Gerade in dieser Beziehung aber wüßte ich nichts, was dem modernen Drange nach Expansion der Melodik, nach Beseitigung des konventionellen, harmonisch bedingten Periodencharakters der Liedmelodie, nach melodischer Durchseelung der frei fließenden Tonsprache so starken, unmittelbaren Ausdruck gäbe, wie die Lyrik Rottenbergs. Man hat diesen Liedern nachgesagt, sie seien zu rezitativisch gehalten. Dieses Urteil ist bezeichnend für die Äußerlichkeit in der Art der Entgegennahme. Was sich von vier zu vier Takten in geschlossenen harmonischen Perioden rundet, das ist nach dieser Auffassung eine Melodie, was darüber hinausgeht, dem Hörer nicht die Eselsbrücken der zünftigen Kadenz bietet, ist Rezitativ. Melodie aber ist innerer Bewegungsimpuls, daher nicht an Takt und Tonart gebunden, sie erweist ihre Kraft gerade,

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Paul Bekker: Neue Musik. Stuttgart und Berlin: Deutsche Verlags-Anstalt, 1923, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bekker_Neue_Musik_Vortrag.djvu/031&oldid=- (Version vom 31.7.2018)