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die besten Chorkappen an, während der Zug sich ordnete. Ihn eröffnete eine Schaar weiß gekleideter Mädchen. Es folgten, paarweise geordnet, die Knaben in weißer Kleidung und mit frischen Kränzen um das fein gescheitelte Haar. Acht Choralen sangen mit kunstgeübter Stimme des hl. Victors Lob. Dann kamen die Vikare und die Kanoniker mit ihrem Dechanten. Vier kräftige Männer, Bürger von Xanten, hatten den schweren Reliquienschrein auf ihre breiten Schultern genommen, und der Herzog von Cleve ging mit seinen drei Söhnen neben dem Schrein her, um so wenigstens an die alte Sitte jener seiner Vorfahren zu erinnern, die stark und fromm genug gewesen, ihn in Wirklichkeit zu tragen.

     Als die Fürsten mit dem Schreine aus dem engen Durchgange hervortraten, der unter der Michaelskapelle einherführte und sich gegen den Markt öffnete, da jubelte das Volk, welches den Platz und alle Fenster füllte, laut auf. Ungefähr 500 Soldaten von Xanten schlossen sich dem Schreine an, und 200 Bürger der Stadt begleiteten die Procession, indem sie, mit einem rothen Stabe versehen, zu beiden Seiten einhergingen und für Ordnung sorgten.

     Aber nun fragte es sich, wer den Soldaten von Xanten folgen sollte. Von der einen Seite drängten sich die von Wesel heran, von der andern die von Dorsten. Es kam zu einem Wortwechsel, und ein ernster Streit schien zwischen den bewaffneten Männern losbrechen zu wollen. Freilich hatte der Herzog schon vorher das Kapitel auf die Rangstreitigkeiten aufmerksam gemacht, die zwischen Dorsten und Wesel bestanden. Die von Dorsten, als Mannen der Gräfin Emeza, seit Alters her mit dem Kapitel von Xanten eng verbunden, behaupteten, das älteste und beste Recht zu haben. Aber die von Wesel meinten, ihnen stehe ihr gutes, altes Recht zur Seite, den Soldaten von Xanten unmittelbar folgen zu dürfen. Die Sache war nicht vom Kapitel geordnet worden. So stand nun die Menge vor der ungelösten Schwierigkeit, und es drohte eine Störung des heiligen Festes mit blutigem Ausgang. Die Geistesgegenwart des Herzogs verhütete das Unheil. Er traf den Entscheid, dem sich Alle sofort fügten, indem er die Streitfrage des Vorranges vertagte und anordnete, die Soldaten der beiden Städte sollten neben einander gehen, jedoch so, daß seinen Weselern die rechte Seite zufiel. Sofort ordnete man sich in zwei parallele Reihen. Diesen folgten dann die Schützen von Kempen. Dieselben waren wunderbar bunt gekleidet: 60 von ihnen waren halb roth und halb blau angezogen, die andern 60 aber halb roth und

Empfohlene Zitierweise:
Stephan Beissel: Die Victortracht des Jahres 1464 In: Die Bauführung des Mittelalters. Studie über die Kirche des hl. Victor zu Xanten. Freiburg im Breisgau: Herder, 1889, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_%E2%80%93_Die_Victortracht_des_Jahres_1464.djvu/18&oldid=- (Version vom 31.7.2018)