mit Aufwand all seiner rednerischen Fähigkeiten, und er erreichte es schließlich, daß die Räthe nach langer Überlegung sich zu Gunsten der Bittsteller entschieden und deren Gesuch dem Fürsten zu empfehlen beschlossen. Diese Empfehlung wurde dann dem Herzoge mit aller Förmlichkeit jener Zeiten unterbreitet und fand auch Bestätigung und huldreiche Gewährung.
Freudig ritt der Dechant mit seinem Begleiter nach Xanten zurück, wo sie spät am Abend anlangten und mit Jubel empfangen wurden.
Der Berichterstatter erzählt dann, wie der Eifer des Volkes immer mehr wuchs, wie es sich um die Altäre drängte, um von Gott ein vollständiges Gelingen zu erflehen, und wie täglich so viele Kerzen geopfert wurden, daß ihr Licht die Kirche die ganze Nacht hindurch in Helle hielt.
Das Vertrauen war um so mehr gerechtfertigt, weil nach langen Unterhandlungen der Friede vollständig gesichert schien. Graf Vincenz von Mörs hatte die streitenden Fürsten, den Kurfürsten und den Herzog, in seine Stadt eingeladen, um sie dort feierlich zu versöhnen und so sein Mittleramt glücklich zu beenden. Sie folgten seiner Einladung. Ein prächtiges Gastmahl war vorbereitet, welches nach Abschluß des Friedens die versammelten Herren in freundschaftlicher Geselligkeit einen sollte. Als aber die Räthe eben die letzten Punkte ordnen wollten, entstand neuer Zwist, der so heftig wurde, daß man unverrichteter Dinge auseinanderging und das Festmahl unberührt ließ (splendidissimum prandium non degustasse omnes poenituit). Auch die Gesandten des Xantener Stiftes, die sich nach Mörs begeben hatten, um ihr Anliegen zu empfehlen, kehrten niedergeschlagen heim. Bald hatte sich in der ganzen Stadt die Angst vor dem kommenden Kriege verbreitet, der nicht nur jede Hoffnung auf eine Victortracht vernichten mußte, sondern auch viel Unglück zu bringen drohte, weil Xanten einer der wichtigsten Streitpunkte war zwischen Cleve und Köln.
Die Stadt hatte Anfangs dem Erzbischof von Köln allein gehört. So erlaubte 1228 der Erzbischof Heinrich von Molenark seinen getreuen Bürgern, ihren Wohnort zu befestigen, indem er ihnen gleiche Rechte wie denen von Neuß verlieh. Auch in dem Schiedsspruch zwischen der Stadt Köln und dem Erzbischof wird Xanten 1263 „seine Stadt“ genannt. Als nun aber Erzbischof Heinrich II. im Jahre 1321 von Dietrich von Cleve die Grafschaft Hülchrath für 15000 Mark erworben hatte, gab er ihm Xanten als Pfand für einen noch nicht erlegten Theil der Kaufsumme. Um diese Schuld möglichst bald abzutragen, erbat sich der Erzbischof von Papst Johann XXII. die Vollmacht, von seinem Klerus eine neue Steuer zu erheben, und als diese nicht ausreichte, ließ er sich von den Juden 8000 Mark zahlen, wogegen er ihnen das freie
Stephan Beissel: Die Victortracht des Jahres 1464 In: Die Bauführung des Mittelalters. Studie über die Kirche des hl. Victor zu Xanten. Freiburg im Breisgau: Herder, 1889, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_%E2%80%93_Die_Victortracht_des_Jahres_1464.djvu/06&oldid=- (Version vom 31.7.2018)