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Vielleicht hebt sich die Schwierigkeit, wenn man annimmt, die durch die Sage Gefeierte habe in der Burg von Brucken, bei Wolterdingen, gewohnt, welche im 15. Jahrhundert die Herren von Allmendshofen an Heinrich von Fürstenberg verkauften; denn diese liegt in gerader Richtung von Mistelbrunn nicht viel weiter entfernt, als von Bräunlingen und Wolterdingen. Die Jahreszahl der Votivtafel bezeichnet nicht wohl das Ereigniß, – wiewohl nach jener Zeit noch das Geschlecht im Weiberstamme fortlebte – sondern die Zeit, da die erste Gedenktafel gesetzt wurde.

Die wunderbaren Nebenumstände sind theils aus der Legende der Ida von Toggenburg, wie sie jetzt noch im Volksmunde lebt, entlehnt, wie z. B. der Hirsch mit leuchtendem Geweih, theils treffen sie mit mehreren Legenden zusammen, wovon wir nur an die vaterländische der Stiftung des Klosters Allerheiligen erinnern. (Siebe „Das Fräulein von Randenburg,“ Seite 112 dieses Bandes.)


2.
Das Gespenst in Donaueschingen.

Jeder Badener kennt es wohl, das freundliche Städtchen, welches sich so traulich um die junge Donau lagert, – Donaueschingen, mit seinen Schwänen und seiner Donauquelle und den Zaubertönen seines Mästro[1] und dem hellen Klange, den der Name seines edlen Fürsten in jeder biedern Seele erregt. – Doch wenn Einen in der heiligen Zeit, zwischen Advent und Weihnachten, Geschäfte dahin führten und er schritte etwa im schwarzen Regenmantel, oder vermummt in den weißen Lammpelz durch die dunkeln Straßen, – denn seit nicht langer Zeit erst brennen Laternen darin, wenn nicht etwa Mondschein im Kalender steht – dann könnte ihm wohl begegnen, daß ein Vorüberwandelnder, beim Scheine eines erleuchteten Hauses ihn erblickend, sich bekreuzte, daß eine Magd mit unterdrücktem Schrei an ihm vorüber flüchtete. Und des andern Tages erzählt man sich mit geheimem Flüstern in dem guten Städtchen, der Geist gehe wieder um. — Und wer ist er denn, dieser „Geist“? Es dürfte unter den ältesten Leuten nur Wenige geben, welche mehr über ihn wüßten, als, es sey ein alter Fürst von Fürstenberg gewesen, der die armen Leute gedrückt mit Frohnen und Tagwänen und ihnen sogar ihr Bischen Feld weggenommen. Darum müsse er geistweis gehen, von der Ziegelhütte beim Weiherhause


  1. Kalliwoda.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 457. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_457.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)