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sehr erstaunt war, ihn in Ungnade fallen zu sehen. Früher als gewöhnlich, und mehr singend und tanzend, als im Alltagsschritte, ging er nach Hause. Ein so verändertes Betragen mußte seinen Mitdienstboten auffallen und den Verdacht bestätigen, welchen wenigstens Einer unter denselben bereits geschöpft hatte. Dieses war der boshafte und neidische Knecht des Hauses, welcher nun beschloß, sich an den Knaben zu machen und demselben das Geheimniß zu entlocken. Er brachte daher während des Essens die Rede auf das Burgfräulein und dessen bekannte Freigebigkeit; zugleich frug er ganz obenhin den Knaben, ob ihm, der doch täglich um das Schloß herum hüte, noch nichts zu Theil geworden sey? Vergebens folgte eine ausweichende Antwort; die Röthe, welche schnell das Gesicht des Knaben überflog, ließ kaum einen Zweifel übrig. Der folgende Tag war ein Sonntag. Auch dieser zufällige Umstand begünstigte den Betrüger, welcher den arglosen Kleinen in ein Wirthshaus lockte, und demselben so lange mit Wein zusetzte, bis er Alles rein ausplauderte. Auch die muthmaßliche Stelle mußte er dem Knechte möglichst genau angeben, und dann entließ ihn dieser mit einigen Schlägen, und nahm ihm noch überdies den größten Theil des gefundenen Geldes ab. Bitterlich weinend kehrte der Knabe beim anbrechenden Dunkel nach Hause zurück, und sein Schmerz wurde noch vermehrt, als er zufällig auf die Schloßruine hinüber sah und dort die Gestalt des Burgfräuleins erblickte, wie sie mit gehobenem Finger gegen ihn herab drohte. Er wehklagte die ganze Nacht und fuhr am Morgen weit früher als gewöhnlich mit seiner Heerde auf den Burgplatz, um dort unter bitteren Thränen das Fräulein um Verzeihung zu bitten. Er weinte Tage und Wochen lang, aber vergeblich; schon lang ist er einer der schönsten Burschen im ganzen Thale geworden, doch hat er noch immer die Thränen in den Augen, wenn er von dem himmlischen milden Fräulein spricht; aber gesehen hat er sie seither nicht wieder.

Der arge Knecht dagegen glaubte um so zuversichtlicher, daß jetzt für ihn die Stunde des Glückes gekommen sei. Schon lange hatte er sich mit zwei Schatzgräbern in eine Bekanntschaft eingelassen, welche durch die Mittheilung, die er ihnen machte, den höchsten Grad der Vertraulichkeit erhielt. Gemeinschaftlich

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_403.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)