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kohlschwarz werden in seiner weißen Jacke. Nicht als ob er ein schlechter Mensch gewesen wäre! Aber oft dacht’ er bei sich: Wenn nur der Jakob die Hurrle genommen hätte, mir wäre wohler auf Erden! Nichts als Zorn und Verdruß habe ich alle Tage, und der Jakob hat schon jetzo sein Paradies gewonnen! das ist bitter, das ist sauer, das ist Rattengift!

Nun ist hier vor allem zu wissen, daß der Müller Florian ein verstickter Student war. Er hatte einmal ein Geistlicher werden sollen und studirt, gerade nur bis an den Hals. Darüber war sein ältester Bruder gestorben und hatte ihm die Mühle hinterlassen. Natürlich hatte sich Florian nicht lang besonnen, den Studenten an den Nagel gehängt, und den Spreukittel angezogen. War ihm nicht viel Gelehrsamkeit als Rest von der Schule übrig geblieben, so brachte er doch ein Paar Körbe voll Bücher in’s Vaterhaus zurück. Die alte Lumpenwaare stand vergessen und von Mäusen zernagt, in einer Bodenkammer. Besser, das rattenschwänzige Lottergezücht ging an die Bücher, als an die Frucht auf der Bühne. – Der Müller wußte längst gar nichts mehr von dem Schulplunder; da geschah es eines Tag, daß er, nach einem scharfen Scharmützel mit seiner Hurrle, da ihm das Leben ganz verleidet war, hinaufstieg unter’s Dach und wollte sich ein bequemes stilles Plätzlein zur Abreise suchen. Nagel, Hammer und Strick hatte er bei sich. Wie er nun in selbige Kammer hineingeht – er hatte als Bube dort sein Nacht- und Morgengebet und seinen Schlummer gehalten, hatte dort hehlings sein erstes Pfeiflein Taback geraucht, hatte von dort oben tausendmal so vergnügt in die blaue Luft gesehen, wo die Vögel strichen, frei und froh und unschuldig, wie er – da wird ihm so gewiß konfus. Die Luft war gerade noch so rein und blau wie vor vier und zwanzig Jahren, da derselbe Florian beinahe aus der Dachlucke gefallen wäre – doch war dazumal die Mutter bei der Hand, ihn am Tschöple zu heben, just noch zur rechten Zeit; und da erinnerte sich Florian plötzlich der guten treuen Mutter und des braven ehrlichen Vaters – beide lagen schon kalt unter der Erde, die einst so warmen Elternherzen – und siehe: Florians Herz wurde weich wie ein gesotten Ei. Zuletzt wurde er auch noch des Bücherkorbs ansichtig und die lustigen Studentenjahre fielen

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_327.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)