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„Sie retten will ich!“ lautete bestimmt die Antwort. „Aber sage mir vorerst, wer die Arme ist, oder woher die Schrecklichen sie brachten!“

„Ich kann weder das Eine noch das Andre sagen; denn die Knechte, die mit Ruprecht ausgezogen waren, schwiegen allesammt; sie wissen vielleicht selbst nicht, wen sie gefangen.“

„So hast du teilten Theil an der Schandthat?“

„Gottlob, nein!“

„Ich danke dem Himmel darum, und bin mit dir versöhnt, Burkhard! Aber nun laß mich vollbringen.“

Ohne weitere Umstände eilte Adelgunde an die Gefängnißthüre, zog einen Schlüssel hervor, und wollte sie öffnen.

Burkhard verhinderte sie. „Es kann nicht geschehen, meine Liebe! Der Gefangenen Entkommen ist mein Tod. Du bringst ein furchtbares Unglück über dich und mich!“

„Höre,“ sagte Adelgunde leise: „der wüste Steinegger nennt mich seine Braut; mein Bruder hat mich an ihn verkauft. Ich verlasse gern die Wohnung meiner Eltern, um einem traurigen Schicksal zu entgehen. Mit der Unglücklichen fliehe ich selbst, gerade nach Oeflingen hinüber. Jener Edle wird uns Schutz gewähren; bis der Tag anbricht, sind wir dort. Hast du mich je geliebt, so folge mir. Aber verhindere mich, wenn du willst, daß ich des Steineggers Gemahlin werden soll!“

Mächtig wirkten diese Worte, mit solchem Ernste gesprochen, auf Burkhard. Er ließ es geschehen. Adelgunde verschwand hinter der schweren Kerkerthüre und in tausend Aengsten erwartete Burkhard das Kommende.

Niedergesunken auf elendes Stroh lag in dem feuchten, engen Steingewölbe, das von der Blendlaterne, die Adelgunde geheim bei sich trug, nur wenig erhellt wurde, ein Frauenbild. Aengstlich erhob die Arme das bleiche Haupt und, Verzweiflung in den Blicken, richtete sie dieselben starr nach der Eingetretenen. Diese leuchtete tiefer mit der Laterne und fuhr vor Entsetzen zurück, nachdem sie der Gefangenen Antlitz gesehen.

„Ihr hier, Helena! Freundin aus glücklicher Kinderzeit!“ rief das Fräulein von Bärenfels.

„Habt Erbarmen, Adelgunde! rettet mich und führt mich zu Bernhard, dem Geliebten, erst seit drei Tagen mir Vermählten!“

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_230.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)