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Der heilige Fridolin.

Der heilige Fridolin war der erste der Irischen Glaubensboten, welcher den Rheinstrom überschritt. Er stammte aus einem berühmten adeligen Geschlechte und erhielt frühe in den Wissenschaften gründlichen Unterricht. In frommer Begeisterung verließ er allen irdischen Reichthum, um, selber arm, Andere geistig zu bereichern. Als Prediger des göttlichen Wortes zog er in den Städten seiner Heimath umher, und überall folgte ihm die größte Bewunderung und Verehrung des Volkes. So groß und segensreich seine Wirksamkeit war, so wurde Fridolin doch auf einmal höchst unzufrieden mit sich selbst. Er hatte an sich wahrgenommen, wie sehr ihm das Lob und die Bewunderung der Menschen gefalle, wie sehr sein Herz sich erfreue an der Ehre und dem Ruhme, der ihm zu Theil ward. Eitelkeit und Ruhmsucht ist die gefährliche Klippe für alle geistig reich begabten Menschen, es ist das Gift für alle Gediegenheit des Charakters, der Abgrund, in dem alle wahre Geistesgröße untergeht; die Eitelkeit nimmt den glänzendsten Handlungen allen wahren Werth, wie leider die Beispiele unserer Zeit fast jeden Tag es beweisen. Fridolin war stark genug, nicht nur den Feind in seinem Innern zu erkennen, sondern ihn auch kräftig zu überwinden. Er verließ schnell den Schauplatz seines Ruhmes, wo er so allgemein verehrt und geliebt war, floh nach Gallien, das er in verschiedenen Richtungen durchzog, bis er sich in Poitiers bleibend niederließ. In dieser Stadt war vordem ein Kloster des h. Hilarius, das aber um das Jahr 400 von den Gothen und Vandalen in der Völkerwanderung zerstört worden war. Fridolin wünschte nichts eifriger, als die Ueberreste von diesem heiligen wieder aufzufinden und seine Kirche herzustellen. Er ging deßhalb zu dem Frankenkönig Chlodowig, der um diese Zeit die Stadt Poitiers den Westgothen nach einer großen Schlacht abgenommen hatte. Chlodowig kam ihm freundlich entgegen und leistete ihm kräftige Beihülfe. Die Reliquien des heil. Hilarius wurden aufgefunden, und Fridolin wurde Abt in dem neu errichteten Kloster. Nach einiger Zeit erhielt er im Traume von dem Heiligen die Weisung, mit einem Theile der Reliquien nach Allemannien zu gehen; dort, auf

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_162.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)