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Ringsum herauf zumal;

Und durch den Urwald heulend
Ein Sturm aus Osten zog,
Daß dumpf die Eiche krachte
Und sich die Tanne bog.

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Der Jägertroß, er irrte

Zerstreut in Angst umher,
Des Jagdhorn Ruf erreichte
Die Irrenden nicht mehr;
Und auf den hohen Fluren,

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Wo Weg und Steg verweht,

Die Gräfin auf dem Jagdroß
Um Rettungszeichen fleht.

Nie hat zuvor ein banges
Geschick ihr Herz gequält,

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Von Noth und Leiden Andrer

Hat Niemand ihr erzählt –
Jetzt fühlte sie vor Allem,
Wie es dem Wandrer sey,
Wenn ihn die Nacht umfange

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In solcher Wüstenei.


Und wie der späte Morgen
Sie in ihr Schloß geführt,
Hat sie alsbald dem Burgvogt
Den frommen Schluß diktirt:

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„Nach Bonndorf auf das Rathhaus

Stift’ ich ein Glöckchen fein,
Das soll, zu größ’rer Ehre,
Von purem Silber seyn.

„Das soll, wenn Schnee und Nebel

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Und Nacht den Pilgrim hält,

Und seine Seele bebet
Und seine Hoffnung fällt,
Mit heller Silberstimme
Und tröstlichem Geläut’

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Sich nächtlich lassen hören

Die ganze Winterzeit.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_123.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)