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„Wie!“ – rief Haußner – „Ich sollte dich verlassen, dich, meinen Waffenbruder? Und wenn ich auch meine Schmach in den Mantel der Nacht verhüllte, der helle Tag würde sie doch bald bescheinen!“

„Willst du denn als Landfriedensbrecher ein schmähliches Ende durch den Strick nehmen?“

„Ein ehrenvolles Grab!“

„Und was wird dein Loos seyn?“ fragte Haußner.

In dem Augenblick trat ein Knecht ein mit der Nachricht, es sey ein Herold vor dem Thore mit einer Aufforderung. Friedinger bat Haußner hinauszugehen, um den Antrag zu vernehmen. Derselbe kehrte bald zurück und rief mit ingrimmigem Lachen: „Freien Abzug bietet Frondsberg dir und deinen Leuten unter der Bedingung an, daß du – mich ihm auslieferst!“

„Hab’ ich nicht einen prophetischen Geist?“ sagte Friedinger. „Geh’ und antworte dem Herold, ich würde morgen früh einen Ritter in’s Lager schicken zur gütlichen Unterhandlung. Dann aber thue du diese Nacht, wie ich dir gerathen, oder die Raben singen dir das Requiem!“

In der That sah Haußner keinen andern Ausweg mehr vor sich, als die Flucht. Er verließ die Burg eine Stunde vor Tagesanbruch, und ihm folgten nicht nur seine Leute, sondern auch die meisten Knechte und Leute Friedingers, so daß dieser bloß noch mit einem alten treuen Ritter und sieben Knechten allein auf Hohenkrähen zurückblieb. Der unterirdische Gang, durch welchen sich Haußner flüchtete, führte in einen abgelegenen Thalgrund. Dort schieden, wie verabredet, all’ seine Begleiter von ihm, denn sie fürchteten, als Friedensbrecher festgenommen und hingerichtet zu werden. Haußner war lange unentschlossen, wohin er sich nun wenden solle. Aber während er langsam und in tiefem Nachsinnen durch das Thal ritt, sah er plötzlich einen jungen Ritter nebst einigen Reißingen auf sich zusprengen. Es war Otto von Kreßling, den Frondsberg um Herbeischaffung von Lebensmitteln ausgesandt hatte. Augenblicklich erkannten sich Beide; Haußner sprang vom Pferde und suchte Zuflucht in einer Kapelle, die am Wege stand.

Otto eilte ihm mit gezogenem Schwerte nach, und, nicht achtend der geweiheten Stätte, stieß er ihn am Altare nieder.

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_104.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)