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Bald wird ihr Auge dreister,

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Und kecker auch ihr Schritt,

Und vor des Ordens Meister,
Den obersten, sie tritt
Und sprach: „Nehmt hin, was noch ist mein,
Zu Gottes Eigenthume,

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Ein reiches Inselein!


„Es scheinet warm die Sonne
Und pflegt die Rebe drauf,
Und Früchte glühn zur Wonne
Und Saaten rings vollauf!

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Doch Eines, Eines bitt’ ich nur:

Herr Langenstein, der Ritter,
Der werde dort Comthur!“

Der Meister ihr gewähret
Die fromme Bitte gern;

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Da war ihr Wunsch erhöret,

Wie dankte sie dem Herrn!
Da schied sie, Thränen in dem Blick,
Da glänzt ihr hell im Herzen
Zugleich des Liebsten Glück.

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„So sind doch Ihm die Reben,

Die Felder Ihm gebaut!
Die Laube wird Ihn umweben,
Die mich und Ihn geschaut!
Und wo zusammen wir gefleht,

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Ach, in der Burgkapelle,

Da tönt doch Sein Gebet!“ – –

Wohin die Maid geflüchtet,
Wo sie verweint die Zeit?
Das hat kein Mund berichtet,

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Begraben ist ihr Leid.

Doch in dem neuen Ordenshaus,
Da tönte durch die Wellen
Ein ernster Sang hinaus:

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_051.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)