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899 unter einander mit solchen Worten: „Da dem Menschen doch einmal nichts schlimmeres begegnen kann als dieses gegenwärtige Leben zu verlieren, was scheuen wir uns da in dieser Bedrängniß, wo von Bitten nichts mehr zu erwarten[1], wo alle Hoffnung zu entkommen uns abgeschnitten, Unterwerfung aber der Tod selbst ist, mitten in die feindlichen Geschosse uns zu stürzen, und sterbend wenigstens unsern Tod zu rächen? Ist es nicht besser, daß man unseren Untergang der Fügung des Schicksals zuschreibe als unserer Feigheit? Denn wer mannhaft kämpfend unterliegt, der stirbt nicht, sondern lebt. Diesen großen Ruhm, diese unsere κλιρονομείαν clironomiam d. i. Erbschaft, wollen wir auch unsern Nachkommen hinterlassen, so wie wir sie von unsern Vätern überkommen haben. Auf uns mindestens dürfen wir rechnen[2], auf uns kriegserfahrene, die wir schon mehr als einmal mit geringer Anzahl ganze Heere niedergeworfen haben. Der große Haufe kraftlosen Volks geht freilich nur dem sicheren Tode entgegen. Doch läßt ja auch sehr häufig Mars den fliehenden umkommen[3] und verleiht dem kämpfenden seinen mächtigen Schutz. Jene, welche auf unser Flehen nicht achten, wissen nicht und begreifen nicht, daß es zwar schön ist zu siegen, aber wenig Ehre bringt, wenn man sich im Siege nicht zu mäßigen weiß.“

15. Durch diese Rede einigermaßen ermuthigt, legen die Ungern an drei Seiten Hinterhalte, setzen dann selber gerades Weges über den Strom, und stürzen sich mitten unter die Feinde. Sept. 24. Denn die Mehrzahl der Christen war des langen Wartens auf den Ausgang der Unterhaltungen müde geworden und hatte sich im Lager zerstreut, um durch Speise und Trank sich zu erfrischen. Da fielen nun die Ungern so ungestüm über sie her, daß sie einigen den Bissen noch im Schlunde durchbohrten,

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Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk'schen Buchhandlung, Leipzig ohne Jahr, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/53&oldid=- (Version vom 1.4.2023)
  1. Worte des Terenz, Phormio III, 3, 14.
  2. Worte Ovids, Fast. V, 674.
  3. Nach Horaz, Oden III, 2, 14.