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968 unsere Gesellschaft auf zwei kleine Fahrzeuge packte, und mich zwei kaiserlichen Eilboten anvertraute, die mich über’s Meer nach Hydrunt bringen sollten. Da aber diese Eilboten keine ἐντόλινα d. h. keinen schriftlichen Befehl von dem Kaiser hatten und nicht befugt waren, zu nehmen was sie brauchten, so wurden sie überall verachtet, und statt für unsere Kost zu sorgen, ließen sie sich selbst von uns füttern. Wie oft fiel mir da in meinem Verdruß das Wort des Terenz[1] ein: „Der Hülfe selbst bedürfen, die zu Beschützern du erkost.“

Nov. 23. 59. Nachdem ich also am drei und zwanzigsten November Naupaktus verlassen hatte, gelangte ich in zwei Tagen an den Nov. 25. Fluß Offidaris, weil nämlich meine Begleiter nicht in den Schifflein fuhren, welche für sie nicht Raum genug hatten, sondern ihren Weg zu Lande längs dem Ufer nehmen mußten. Da wir uns nun so am Flusse Offidaris befanden, sahen wir die Stadt Patras vor uns, welche achtzehn Meilen entfernt an dem andern Ufer des Meeres lag. Weil wir diesen Ort des apostolischen Leidens auf unserer Hinreise nach Konstantinopel besucht und dort gebetet hatten, so unterließen wir es jetzt – ich bekenne meine Sünde! – ihn zu besuchen und dort anzubeten. Schuld daran war, meine Herren und Kaiser, die unaussprechliche Sehnsucht zu euch zurückzukehren und euch zu sehen; und wenn nicht dieser Grund allein uns verhindert hätte, so glaube ich wohl, daß ich auf immer verloren wäre.

60. Es erhob sich gegen mich unsinnigen ein Sturm aus Süden[2], der durch sein Toben das Meer bis in den tiefsten Grund aufregte. Und da dieses mehrere Tage und Nächte hinter einander anhielt, Nov. 30. so erkannte ich endlich am dreißigsten November, nämlich gerade am Tages seines[3] Leidens, daß mir dieses um meines Vergehens willen geschah. Nur die Anfechtung

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Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk’schen Buchhandlung, Leipzig 1890, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/192&oldid=- (Version vom 6.5.2023)
  1. Im Eunuchen IV, 6, 32. Doch ist der Vers verändert.
  2. Vgl. Weish. Salom. 5, 21.
  3. Des Apostels Andreas.