Seite:Aus Liudprands Werken.pdf/180

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

968 bewogen hat, jetzt gegen die Assyrer zu Felde zu ziehen. Das ganze griechische Reich wird nämlich in jetziger Zeit auf Gottes Geheiß von einer so großen Hungersnoth heimgesucht, daß man in diesem Lande, wo sonst die Fruchtbarkeit gewissermaßen zu Hause ist, für ein Goldstück nicht einmal einen halben Paveser Scheffel Waizen erhält. Diese Plage hat nun Nicephorus im Bunde mit den Feldmäusen dadurch noch vermehrt, daß er zur Zeit der Ernte alles Getreide in seinem ganzen Reiche für einen Spottpreis den jammerden Eigenthümern abkaufen und aufspeichern ließ. Dasselbe hat er auch an der Grenze Mesopotamiens gethan, wo, von den Mäusen verschont, das Getreide reichlich gewachsen war; und auf diese Weise Korn aufgehäuft wie Sand am Meer. Während er also auf die abscheulichste Weise durch diesen niedrigen Wucher überall die Hungersnoth zu der schrecklichsten Höhe steigerte, versammelte er unter dem Vorwand einer Heerfahrt achtzig tausend Menschen, und verkaufte ihnen einen ganzen Monat hindurch um zwei Goldstücke, was er für eins gekauft hatte. Dieses, o mein Herr, sind die Gründe, welche den Nicephorus bewogen haben, jetzt sein Heer gegen die Assyrer zu führen. Aber was für ein Heer? Wahrlich gar keine Menschen, sondern bloß Schattenbilder von Menschen; bei ihnen ist nur die Zunge kühn, doch „wenig feurig kämpfet der Arm“[1]. Nicephorus sieht bei ihnen nicht auf die Beschaffenheit, sondern nur auf die Zahl; wie gefährlich aber das für ihn sei, wird er mit zu später Reue einsehen, wenn erst seine vielen Schwächlinge, denen nur ihre Menge Muth gibt, von unseren wenigen, aber kriegsgewohnten, ja nach Krieg dürstenden Streitern zermalmt werden.

45. Während ihr Bari belagertet, hatte ein Haufe von nicht mehr denn dreihundert Ungern bei Tessalonich fünfhundert Griechen gefangen und nach Ungern geschleppt. Weil ihnen

Empfohlene Zitierweise:
Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk’schen Buchhandlung, Leipzig 1890, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/180&oldid=- (Version vom 1.5.2023)
  1. Virgils Aeneide XI, 338.