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Juni 29.
Kaiser, zum offenbaren Schimpfe. Euretwegen traf mich Hohn, euretwegen Kränkung, euretwegen Verachtung! Aber ich danke dem Herrn Jesus Christus, dem ihr von ganzen Herzen dienet, daß ich werth erfunden ward, um euretwillen Schmach zu leiden. Aber meine Herren, weil ich bedachte, daß die Beleidigung nicht mich, sondern euch treffen würde, so verließ ich die Tafel. Und da ich voll Unmuth fortgehen wollte, kamen der Hofmarschall Leo, des Kaisers Bruder, und Simeon, der Staats-Secretär, hinter mir her und bellten mich mit folgenden Worten an: „Als Petrus, der Basileus der Bulgaren, sich mit der Tochter des Kaisers Christophorus vermählte, wurden Symphona, d. i. übereinstimmende Artikel, beschworen, kraft deren die Apostel, d. i. Abgeordneten der Bulgaren bei uns den Rang vor den Aposteln aller fremden Völker haben, und mehr Ehre und Liebe genießen sollten als alle anderen. Jener Apostolus der Bulgaren, wenn gleich, wie du sagst, und wie es in Wahrheit der Fall ist, geschoren, ungewaschen, und mit einer ehernen Kette gegürtet, hat doch den Rang eines Patricius, und über diesen einen Bischof, besonders einen fränkischen, zu setzen, das erkennen und erklären wir für unstatthaft. Da wir aber sehen, daß du dieses übel aufnimmst, so lassen wir dich jetzt nicht, wie du wohl meinest, in deine Herberge zurückkehren, sondern wir zwingen dich, in einem Gasthause mit den Dienern des Kaisers zu speisen.“

20. Hierauf ließ mich der unvergleichliche Schmerz meiner Seele gar nichts erwiedern, sondern ich that was sie verlangten; denn ich erachtete es für ungeziemend an einer Tafel zu sitzen, wo nicht mir, dem Bischof Liudprand, sondern euerem Boten ein Bote der Bulgaren vorangehen sollte. Doch linderte der heilige Kaiser meinen Schmerz durch ein herrliches Geschenk, indem er mir von seinen leckersten Gerichten einen fetten Bock schickte, von dem er selbst gespeist hatte, köstlich gewürzt mit

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Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk’schen Buchhandlung, Leipzig 1890, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/162&oldid=- (Version vom 6.4.2023)