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die Halbschatten sind zu grünlichbraun und nicht wahr, die Färbung überhaupt ist zu unrein. Ob bei dieser Composition dem jungen Künstler die treffliche Gruppe des erschlagenen Patroklus vorgeschwebt habe, ist fast nicht zu bezweifeln. August Richter hat als Portraitmaler ein entschiedenes Talent gezeigt. Das hier befindliche Bildniß eines alten Mannes ist mit vieler Wahrheit und Fleiß im Einzelnen dargestellt, nur scheint uns des rechte Auge viel zu tief zu stehn. Doch kommen wohl solche Eigenthümlichkeiten in der Natur vor und wir können nur dann über die Zeichnung entscheiden, wenn wir das Vorbild kennen. Am Schluß dieser Ausstellung erschien eine Landschaft von Oehme, die Aussicht von Camaldeli auf’s Meer. Bei diesem Bilde fühlt sich’s, daß der junge Künstler jene reine Luft des Südens, jene Lebenswärme einathmete, die als vulkanisches Feuer aus Berggipfeln flammt und als Sonnengluth noch im Schatten den goldnen Waizen und die Orange reift. Man sieht es, daß in die Cameraclara seiner Einbildungkraft jene Farbenpracht hesperischer Gegenden unauslöschlich hereinstrahlte. Da windet sich aus dem Gestein der üppige Feigenbaum empor und die Aloe starrt dem Wanderer entgegen. Die mächtigen Korkeichen krönen diesen Gipfel und in ihren Schatten glüht die Goldorange. Dort unten spiegelt aus dem Gebüsch heiter der See von Agnano dem Himmel seine Bläue zurück, es öffnet sich der Busen von Bajä und der entfesselte Blick eilt von Nisida nach Procida und weiter nach Ischia, den schwimmenden, schwebenden Gärten des Meeres. Denn Luft und Wasser schmelzen im himmlischen Blau in einander und so scheint die Welt in Herrlichkeit und Glanz und Licht sich aufzulösen und zu entkörpern. An dieser Stelle, die so nah dem Himmel und so irdisch schön ist, klingt der Calmadolensergruß: „memento mori!“ als eine Mahnung, sich der Gegenwart zu erfreuen und als eine Verheißung, daß jenseit aller Meere und Inseln, wohin das sterbliche Auge nicht reicht, eine noch glückseligere Welt blüht. Zwei dieser frommen Väter erblicken wir im Schatten der alten Eichen.

Um uns nicht den Vorwurf einseitigen Wahlgefallens zuzuziehen, müssen wir bemerken, daß mehr Klarheit von dem Vordergrunde verlangt werden kann: nicht als wenn dieser lichter seyn sollte, wir fordern vielmehr, daß durch noch größere Kraft in den Tiefen Pflanzen, Gras und Steine sich besser aus einander setzten und dieser Theil der Landschaft nicht so sehr vernachlässiget wäre. Ferner hat der Künstler bei den Bäumen im Mittelgrunde einer Methode gefolgt, welche fast Manier genannt werden könnte. Um nicht durch die Blätterung der Bäume in’s Kleinliche zu fallen, hat er ganze Blätterparthieen angedeutet, welche aber dem Auge beim ersten Anblick wie kolossale Blätter erscheinen. Das rechte Mittel zwischen beiden ist allerdings für den Landschafter eine schwierige Aufgabe und nur das treueste Naturstudium kann zum Rechten führen.

Das zweite Zimmer ist den Bildern fremder Künstler, welche keinen Theil an der hiesigen Akademie haben, und der Architektur eingeräumt.

Diese Kunst ist vielleicht unter allen die wichtigste, weil sie so unmittelbar in’s Leben einwirkt und so aus dem Innersten des Gefühls hervortritt. Die Regel kann nur die Grenze bezeichnen, über welche kein Größenverhältniß hinausgetrieben werden darf; aber die Eintheilung der Maße innerhalb dieser Grenzen läßt unendliche Abstufungen zu, welche dem Gefühl anheim gestellt bleiben. Diese Kunst hat mit dem Abstraktesten und mit dem Materiellsten zugleich zu schaffen und zu kämpfen. Sie fordert daher große Geistesanlagen. Nicht aber genug, daß sie einen gebildeten Geist verlangt, sie setzt auch einen erfahrnen Mann voraus, der das Bedürfniß der Zeit und der verschiedenen Stände kennt, der Sinn für das Schickliche und Geschicklichkeit für das Bequeme hat, der in Pallästen einheimisch und in Landwohnungen zu Hause ist, sich in alle Welt- und Familienverhältnisse denken kann und voraus darauf bedacht seyn muß. So hat jedes Zeitalter andere Forderungen und einen eigenthümlichen Styl in der Baukunst gehabt. Anders bauten die heitern, Schönheit-sinnigen Griechen und die stolzen Römer, anders baute man in der gewaltigen Zeit Carls des Großen und seiner Nachfolger und wieder anders im romantischen Mittelalter. Bramante baute für prachtliebenden Päpste und Palladio für reiche Republikaner. Wer aber baut uns Wohnungen? – Wie die Seele sich ihren Körper baut, so der Mensch sich seine Wohnung, und an der Physiognomie der Hauses soll

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Karl August Böttiger und Johann Gottlob von Quandt: Die Dresdner Kunstausstellung (1824). Arnoldische Buchhandlung, Dresden 1824, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Artistisches_Notizenblatt_1824_Kunstausstellung_Dresden.djvu/6&oldid=- (Version vom 20.12.2024)